
Augsburg. Wie war die Rede? lautet eine der meistgestellten Fragen nach Weihnachtsfeiern und Neujahrsansprachen in der Firma. Die häufigste Antwort lautet "Bla, bla, bla..." Die drei Un-Worte treffen den Nagel auf den Kopf. Meister der Rhetorik sind in der Hospitality-Branche rar. Deshalb an dieser Stelle konkrete Formulierungstipps von einem "Chief Innovation Officer", einem Hotelier und einem Rhetorik-Trainer.
"Ich möchte mich kurz fassen...", leitet der Chef seine Worte ein. Oh je, jetzt weiss jeder, dass es länger dauert. Das war Rhetorik-Fehler Nummer 1. Schon lassen die Mitarbeiter die Schultern hängen. "Ich bin kein guter Redner," sagt er jetzt. Warum lässt er’s dann nicht? Die Zuhörer beginnen unmerklich mit den Füssen zu scharren. "Bald ist schon wieder ein Geschäftsjahr um..." Ach, Gott, der Chef hat’s auch schon gemerkt! Die Köpfe sinken, die Ohren stellen sich auf "Durchzug".
Drei massive Rhetorik-Patzer in drei Minuten, das ist keine Seltenheit bei den vielen, vom Jahresende erzwungenen Reden in Unternehmen. Einmal mehr verdeutlichen die Szenen unterm Tannenbaum: Not, nicht Leidenschaft provoziert sprachliche Tristesse. "Es gibt extrem wenig gute Rhetoriker in der Hotellerie," sagt Daniel Zanetti, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft NeumannZanetti & Partner im schweizerischen Luzern. "Dabei ist diese Branche prädestiniert für Reden mit Schwung und Kreativität – sie ist das perfekte ‚people’s business‘ ". Zanetti selbst nennt sich "Chief Innovation Officer" und provoziert seine Kunden und Nicht-Kunden allwöchentlich durch kernig-ironische Sprüche in seinem "Empowerment-Newsletter". Die drei Un-Worte "Bla, bla, bla" stammen auch daraus.

Daniel Zanetti
Der Motivationstrainer beklagt die mangelnde Rhetorik-Kompetenz in der Hotellerie. "Sie ist einfach nicht vorhanden!" resümiert er enttäuscht. Vor kurzem lauschte er einem General Manager, der vom Blatt herab ausgerechnet trockenen Bänkern sein Spa beschrieb. Ein Desaster ohne Worte! "Da fehlte einfach die Leidenschaft, die Identifikation mit dem Thema und den Zuhörern!" Natürlich zogen die Bänker enttäuscht vondannen.
"Chefs, die eine Rede über die eigene Firma halten und dabei andauernd vom Manuskript ablesen, halte ich für hochgradig unglaubwürdig," sagt Zanetti. "Sie vergrössern die Wirkung ihrer Rede aber, wenn sie nicht eine Folienorgie hinter dem Rednerpult, sondern frisch und frei vor ihren Leuten sprechen."
Ob Weihnachtsfeier mit den Mitarbeitern, Meeting oder Gäste-Ansprache: Den wenigsten Chefs ist offenbar die Gabe gegeben, ein verbales Feuerwerk zu entzünden und mit lodernden Worten ihre Zuhörer zu animieren und motivieren. Identifikation ist gefordert, nicht Distanz! "Ist man als Hotelier eine Buchhalter-Seele, muss man Reden einfach delegieren, z.B. an den Empfangs- oder Marketingchef", sagt Adrian Stalder, "ansonsten wirkt man durch seine Unsicherheit wie ein Verlierer, nicht wie ein Gewinner." Stalder gehört zu den rhetorisch begabten und praxiserprobten Hoteliers in der Schweiz. Er war zuletzt im Parkhotel Delta Ascona tätig, ist seit kurzem als Berater für Tourismus- und Hotelprojekte tätig und baut jetzt das Design-Hotel The Omnia in Zermatt neu auf. Die Kunst zu reden, hat er sich in jahrelanger Detailarbeit angeeignet. Seine Lehrmeister waren u.a. die Kollegen Hans Leu und Klaus Kobjoll. Ob Weinseminar oder Präsentation des Jahreszielplans – eine präzise Rhetorik entwickelt sich zu einer guten Basis für späteres Qualitätsmanagement.

Adrian Stalder
Und wie behandelt man emotionsaufgelade Situationen um den Jahreswechsel? "Weihnachten ist halt Weihnachten, so wie es ist," sagt Adrian Stalder, "da muss niemand den Kitsch neu erfinden. Aber man kann diese Stimmung auch nutzen – und so lange Reden und gequälte Worte umgehen." Wie wär’s mit einem gemeinsamen Weihnachtslied statt frommer, langer Wünsche? Oder einer Weihnachtsgeschichte statt Unternehmenszahlen? Clevere stricken die Weihnachtsgeschichte aufs Unternehmen um und hängen die Budgetzahlen auf Zettel an den Baum...
"Zahlen gehören nicht in Weihnachtsreden, aber wenn sie nötig sind, dann sollte man ihnen eine Symbolik geben," erläutert Matthais Pöhm, Rhetoriktrainer aus Bonstetten bei Zürich. "Zahlen, die eine Geschichte erzählen, faszinieren. Trockene Auflistungen nicht." Pöhm bringt solche Details gestandenen und erfolgreichen Managern in Einzel-Coachings bei. "Wenn man Projekte oder Entwicklungen beschreibt, muss sich das anhören wie ein Krimi. Konzentrieren Sie sich lieber auf ein Highlight anstatt auf viele Kleinigkeiten," rät er. Niemand solle keine Angst davor haben, ‚Märchen‘ zu erzählen – im Gegenteil: Zuhörer empfinden die leichte Rhetorik als wesentlich angenehmer.
Reden sind auf jeden Fall Chefsache. Auch wenn das ganze Jahr über oft die Formulierungskünste der PR-Manager mit hinzugezogen werden, regiert am Jahresende der Chef persönlich – und lässt sich nicht hineinreden. Fred Hürst, Area Vice President von Hyatt International, spricht frei und spontan – genau wie Simon Cooper, der Ritz-Carlton-Präsident. Eloquent wie dieser ist, fällt es ihm leicht, Situationsgags einzubeziehen. Steigenberger-Geschäftsführer Karl-Anton Schattmaier verfasst seine Rede selbst, André Witschi von Accor Hotellerie Deutschland bringt Stichworte zu Papier. Was sie dieses Jahr wohl sagen werden? Hoffentlich kein "Bla, bla, bla..."
Daniel Zanetti hat für die unsicheren Chefs noch einen abschliessenden Radikal-Rat parat: Wer sich bei der Vorbereitung auf seine Rede frage: "Was passiert, wenn ich diese Rede nie halte?" und diese Frage mit "nichts" beantworte, der möge seine Rede bitte nicht halten!
Für alle, die Reden halten müssen und möchten, hier 10 Tipps von Daniel Zanetti, eigens zusammengestellt für hospitalityInside.com. / Maria Pütz-Willems
10 TIPPS FÜR TOLLE REDEN
"Ich möchte mich kurz fassen..."
Dann tun Sie es auch! Sagen Sie gleich zu Beginn: "meine Rede dauert 15 Minuten und 12 Sekunden..." das ist aussergewöhnlich und schon ist Ihnen die Aufmerksamkeit sicher.
"Meine Rede steht unter dem Motto..."
Bauen Sie in Ihre Präsentationen Wegweiser-Sätze ein. Diese erleichtern es Ihrem Publikum enorm, sich auf die folgenden Inhalte einzustellen, um Sie letztlich besser zu verstehen. Ihnen helfen die Wegweiser-Sätze, Informationen zu ordnen und Kernaussagen zu unterstreichen.
"Ich werde Ihnen 3 Varianten der Marktbearbeitung vorstellen: ..."
"Das folgende Chart gibt Ihnen einen Überblick zum Umsatzziel des nächsten Jahres."
"Ich bin kein guter Redner..."
Unglaublich, aber wahr: Nicht wenige Redner entschuldigen ihren Auftritt mit diesem Satz. Die Ankündigung ist allerdings unnötig. Denn wenn dem so ist, wissen das Ihre Mitarbeiter schon. Doch: Was zum Teufel machen Sie dann am Mikrofon?
"Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!"
Genau diesen Einstieg erwarten jetzt alle von Ihnen, und deshalb ist es der langweiligste Redebeginn, den Sie machen können. Starten Sie beispielsweise mit einer Frage "Wer von Euch weiss, was das Christkind mit unserer Firma gemeinsam hat?"
"Bald schon wieder ist ein Geschäftsjahr um..."
Wow, was Sie nicht sagen. Wer mit solchen Floskeln zu seinem Publikum spricht, der muss sich nicht wundern, wenn er Spott erntet. Werden Sie konkret: "Ich habe Ihnen einmal die grössten Tops & Flops der letzten 328 Tage aufgelistet. Begleiten Sie mich auf dieser Achterbahnfahrt durchs Geschäftsjahr 2005".
(Präsentieren Sie diese Tops & Flops nun mit einer kurzen, Musik unterstützten, PowerPoint-Präsentation).
"Im Laufe meiner Rede..."
Arbeiten Sie gleich zu Beginn mit einem Spannungsbogen. Dieser hält die Spannung aufrecht! Beispiel "Es gibt nur zwei Wege, die aus diesem Sitzungszimmer führen. Das sind die Fenster und die Türen. Wir von der Geschäftsleitung haben jedoch sechs Wege zu noch mehr Kundenzufriedenheit erarbeitet. Das heisst eigentlich fünf, denn der sechste ist eher eine Verblüffung. Dazu erzählt euch Peter später mehr."
"Es war ein Jahr mit vielen Problemen..."
Nutzen Sie die Gelegenheit, das Positive hervorzuheben und machen Sie nicht einen auf Depression. Bleiben Sie ehrlich, aber sprechen Sie eine positive und motivierende Sprache. Vergessen Sie nie: Mitarbeiter und Kunden identifizieren sich immer lieber mit einer erfolgreichen Firma.
"Ich weiss, dass Zahlen nicht so interessant sind, doch..."
Halloooooo? Dann machen Sie sie gefälligst interessant, das ist jetzt nämlich gerade Ihr Job! Erwähnen Sie allerdings nur die wichtigsten Zahlen und stellen Sie damit Grössenvergleiche her. "Unser Jahresumsatz ist genau so hoch ausgefallen wie der grösste Lottogewinn, der in der Schweiz je ausbezahlt wurde, nämlich. Gegenüber dem Lottogewinner haben wir allerdings einen entscheidenden Vorteil: Wir bezahlen bedeutend weniger Steuern."
"Sie müssen umdenken..."
Sprechen Sie auffordernd anstatt in Muss-Sätzen. Nicht "Sie müssen umdenken", sondern "machen Sie es sich zur Aufgabe, immer wieder umzudenken und Sie helfen so mit, den neuen Herausforderungen positiv zu begegnen."
"Ich bin überzeugt, dass die Chancen gut stehen..."
Auch dies eine Redner-Floskel. Stellen Sie "Wer von Ihnen ...?" – Fragen.Damit aktivieren Sie das Publikum und erzielen sofortige Aufmerksamkeit.
"Wer von Ihnen hat heute morgen eine Tageszeitung gelesen? Bitte heben Sie kurz Ihre Hand, wenn dies zutrifft." Beziehen Sie sich dann auf die Anzahl der Teilnehmer, die sich meldeten und bauen Sie es in Ihren Vortrag ein. "Sehen Sie, gut und gerne 80% haben heute bereits eine Zeitung gelesen. So gross ist die Chance, dass wir die Ziele fürs nächste Jahr erreichen. Lassen Sie mich dies anhand einer Grafik erklären:..."