Cash can make deals happen Premier Inn MD Mark Anderson über Expansion in der Krise in Deutschland
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Cash can make deals happen

Premier Inn-MD Mark Anderson über Expansion in der Krise & in Deutschland

Willkommen im Premier Inn Hamburg City Ost: Vier Hotels haben in der Stadt bereits eröffnet, zwei weitere kommen noch. Cluster steigern Synergien.Foto: Premier Inn

London. Mark Anderson ist im Home Office. Auch er ist in den letzten Monaten wenig gereist, bewegt sich zwischen Webcalls und Home Schooling. Im britischen Whitbread-Konzern, wo er als Geschäftsführer für rund 830 Premier Inn Hotels zuständig ist, schloss man im Mai das Geschäftsjahr 2019/20 ab – mitten im ersten Corona-Chaos. Ein Cash-Polster von rund zwei Milliarden Pfund soll über die Krise helfen und sogar noch die Expansion kräftig vorantreiben – vor allem im erklärten Wachstumsmarkt Deutschland. Ein Gespräch mit Mark Anderson, Managing Director, Property & Premier Inn International Whitbread Group: Cash makes deals happen.

Grossbritanniens grösste Hotelkette kennt nur noch zwei Märkte: Grossbritannien und Deutschland. Der grösste Wirtschaftsmarkt in Europa soll mittel- und langfristig ein Quell des Profits für Whitbread werden. Vor dem Erfolg steht momentan aber die bittere Corona-Realität.

Letzte Woche kündigte Whitbread den Abbau von möglicherweise 6.000 Arbeitsplätzen an. "Vor uns liegt unzweifelhaft eine lange Periode mit weniger Nachfrage als erwartet und mit niedrigeren Preisen", sagt Mark Anderson im Interview mit hospitalityInside an diesem Dienstag. Wie berichtet, haben Whitbread und Premier Inn abrupt auf die Bremse getreten. "Wir haben Massnahmen getroffen, um unser Geschäft, unsere Mitarbeiter und Gäste zu schützen." Jetzt geht es nur noch darum, durchzuhalten, bis die Erholung des Marktes abzuschätzen ist.

Seine Aktionäre jedenfalls konnte Whitbread davon überzeugen, weitere Anteile am Konzern zu kaufen und so das Unternehmen stabil zu halten. Whitbread begann das Geschäftsjahr 2019/2020 mit 500 Millionen Pfund in bar, im ersten Halbjahr flossen dann 600 Millionen ab. In diesem März bekannten sich dann die Anleger neu zu Whitbread im Rahmen einer Bezugsrechtsemission, aus der eine Milliarde Pfund an Whitbread flossen. Darüber hinaus hat das Unternehmen Zugang zu weiteren 950 Millionen Pfund Bargeld, so dass Whitbread/Premier Inn nun auf einen Betrag von fast zwei Milliarden Pfund vertrauen können. Ein dickes Liquiditätspolster für ungewisse Zeiten – und die offizielle Aufforderung zur weiteren, fortgesetzten Expansion in Deutschland.

Mark Anderson: Die Teams sollen weiter Projekte suchen.Foto: Premier Inn

Whitbread ist seit September 2018 King of Cash: Das Unternehmen verkaufte damals seine Costa Coffee-Kette für 3,9 Milliarden Pfund an Coca Cola. Der bereinigte Nettobarerlös betrug nach damaliger Aussage rund 3,8 Milliarden Pfund. Das versetzte die Gruppe bereits in eine privilegierte Lage. "Ja, wir haben Glück gehabt", gibt Mark Anderson heute rückblickend zu und fügt hinzu: Ohne das grosse Finanz-Polster hätte man in diesen Pandemie-Monaten wahrscheinlich doppelt so viele Probleme.

Trotzdem wird es nicht einfach: "Realität ist, dass wir unseren Cash nutzen, um das Geschäft am Laufen zu halten, da wir für das erste Halbjahr einen substanziellen Verlust erwarten. Wir rechnen mit einer Periode verhaltenen Umsatzes und verhaltener Nachfrage. Rufen wir unsere Mitarbeiter in die Hotels zurück, bringen wir gleichzeitig auch Kosten zurück ins Hotel, obwohl der Umsatz noch nicht stabil sein wird", rechnet Anderson vor.

"Wir haben unseren Aktionären aber auch klar gemacht, dass wir Cash benötigen, um einem zweiten Lockdown oder einer weiteren, anderen Gefahr zu widerstehen," führt Anderson weiter aus. "Cash benötigen wir zudem, um Vorteile aus der Krise ziehen zu können – indem wir z.B. kleinere Portfolien mit den richtigen Locations zum richtigen Preis kaufen". Und das wird nicht im Heimatmarkt geschehen, sondern ausschliesslich in Deutschland. "In Grossbritannien haben wir ein dichtes Netzwerk bis in kleinere Städte, immer mit einer guten Performance. Bei über 800 Hotels müssen wir jetzt aber jedes neue Haus exakt einfügen. Dieses und nächstes Jahr werden jeweils noch 2.000-3.000 Zimmer dazukommen."

Im Mittleren Osten will Premier Inn keine Energie mehr verschwenden. Dort besitzt/betreibt die Gruppe nur noch zehn Hotels und man halte das schwierige Geschäft dort nur mühsam am Laufen, räumt Mark Anderson ein.

Massives Vertrauen in Deutschland

Deutschland ist damit King of Growth. Der grösste Quellmarkt Europas soll für Premier Inn der wichtigste Markt ausserhalb Grossbritanniens werden. Daran ändert auch Covid-19 nichts. Ganz im Gegenteil: Selbst wenn in den nächsten Jahren die Umsätze stärker als erwartet zurückgehen, werde sich Deutschland erholen. Dafür würden allein die Markt-Struktur mit ihrem geringen Anteil an "branded hotels" und die starken Städte sorgen.

Jetzt, in der Krise, stellen die Whitbread-Strategen die Weichen für eine pralle Pipeline. Mark Anderson: "Ich habe dem Akquise-Team in Deutschland gesagt, sie sollen weitersuchen und tolle Projekte finden." Diese müssen allerdings jetzt, stärker als bisher, auch die intern angezogenen Kriterien für ein Downside Scenario erfüllen. Das Management wird vorsichtiger.

Premier Inn rechnet mindestens für zwei weitere Jahre mit niedrigerem Umsatz und niedrigerem Gewinn. Die gewohnten Forecasts zu erstellen, ist aktuell unmöglich. "Wir haben Szenarien entworfen", antwortet Mark Anderson, "uns an den Kostenlinien orientiert und diese entsprechend der aktuellen Nachrichten jeweils angepasst." Damit sind vor allem politische Ansagen gemeint, die den Unternehmen neue Leitplanken vorgeben.

Dreibett-Zimmer im Premier Inn Duesseldorf City Ost: Die Qualität des Zimmers soll den Unterschied zur Konkurrenz machen. Foto: Premier Inn

Ansonsten hat man die Performance-Daten genau im Blick – und freute sich im Sommer bereits über diese Zahlen: Im Juli und August profitierten die britischen Premier Inn Hotels von den Einheimischen, die im eigenen Land Urlaub machten und erzielten Belegungen von bis zu 60%. In Deutschland schafften die bisher 17 eröffneten Premier Hotels eine Belegung von 50%.
"Wir können nur flexibel bleiben, uns gut vorbereiten und im Markt positionieren… Der Markt funktioniert momentan nicht. Wir müssen in der Lage sein, anderen Anteile abzunehmen. Es wird einen grossen Wettbewerb in Pricing und Distribution geben", so Andersons Prognose, die viele Kollegen in der Branche inzwischen teilen.

Pacht-Verträge machen fast die Hälfte aus

Zum Whitbread-Portfolio gehören neben den 830 Hotels noch 400 Restaurants. Über die Hälfte dieses Portfolios befindet sich im Eigentum, der Rest arbeitet unter standardisierten, institutionell geprägten Pachten. Dieses Muster gilt im Verhältnis auch für die bisher abgeschlossenen deutschen Verträge.

Der Foremost-Deal von 2018, durch den Premier Inn 13 Pachthotels in Operation und sechs geplante oder im Bau befindliche Häuser einkaufte, wird bis Ende dieses Jahres umgesetzt sein. Die Marke wird langsam sichtbar in Deutschland.

In der gesicherten Pipeline befinden sich nach aktuellem Informationsstand 53 Hotels, davon sind bis Ende dieses Jahres 21 Häuser geöffnet. Bis Ende 2021 werden 29 Häuser eröffnet haben. Die Message aus London ist klar: "Unsere Aktionäre wollen nicht, dass wir zu lange auf ihrem Geld sitzen. Sie erwarten, dass wir es nutzen. With cash we can make deals happen."

Der Plan: Portfolios zukaufen und konvertieren

Die Opportunitäten einer Krise sollen das bisher geplante organische Wachstum forcieren: Premier Inn ist auch an Distressed Assets interessiert, ebenso an kleineren Portfolien. Ausserdem werden Conversions interessant. "Ich mag Conversions", erläutert Mark Anderson, "weil es bereits existierender Supply ist, über den man schon Belegung erzielt hat. Sich im Markt zu bewegen und im Markt Wachstum zu erzeugen, ist weniger risikoreich als Übernahmen umzusetzen."

Der Foremost-Deal gab der Gruppe, die seit 2016 bereits in Deutschland aktiv war, einen grossen Push. Anderson findet den gezahlten Preis in Ordnung. Denn das "Ziel ist immer die langfristige Rendite über 25 Jahre hinweg". Und die sollte sich in Deutschland ebenfalls auf die 12-13% zubewegen, die Premier Inn typischerweise in Grossbritannien erzielt. "Ja, wir möchten schnell wachsen, Premier Deutschland soll einen bedeutenden Teil zu Whitbreads Profit beitragen – nicht in den nächsten zwei Jahren, aber mit der Zeit".

Premier Inn London Wimbledon. Zum Whitbread-Konzern zählen aberauch noch 400 Einzel-Restaurants.Foto: Premier Inn

Klar ist für ihn aber auch: Unter Pandemie-Bedingungen werden alle härter arbeiten müssen, vorsichtiger und selektiver an neue Projekte herangehen. "In 25 bis 30 Städten Deutschlands gibt es oft nur wenige gute Standorte, aber auch oft mehr als nur einen guten," relativiert er den Expansionshunger von Premier Inn, "nötigenfalls warten wir eben noch ein paar Monate ab oder wir finden eine neue Location. Wir verschwenden unser Geld nicht".

Ab wann wird Premier Inn Markt-Relevanz in Deutschland haben? Wenn man ausreichend Hotels in wichtigen Städten anbieten kann und die ersten B2B-Verträge mit Corporates abschliesst, antwortet Anderson. Ende März 2021, wenn 23 Häuser in guten Locations in Betrieb sind, könnte man sich langsam dem Wendepunkt nähern.

Mehr Relevanz

Wird die Gruppe in Grossstädten Hotel-Cluster mit fünf bis zehn Hotels anstreben, so wie Motel One es vorgemacht hat? Für Anderson macht diese Strategie absolut Sinn, weil auch Premier Inn Hotels sich im Midscale bewegen und der Profit nur über Buchungsvolumina entsteht. In Hamburg gibt es bereits vier Premier Inn, zwei weitere werden kommen.

100 Zimmer sind Minimum für ein Haus, die durchschnittliche Zimmerzahl liegt in Grossbritannien bisher bei 150 bis 170 Zimmer. Anderson gefällt es, die Hotels an verschiedenen Mikro-Standorten zu platzieren, z.B. ein Haus am Flughafen, nahe einem Kongresszentrum oder am Bahnhof und vielleicht zwei im City Center… Je zentraler ein Haus oder je näher an einem Magneten wie touristischen Attraktionen, umso mehr Zimmer muss es haben – der Mehrkosten wegen. Das derzeit grösste Premier Inn in Deutschland hat mit 330 Zimmern in Köln eröffnet. Gegenüber Flughäfen hegt Anderson kritische Distanz: Wenn der Reisende nach der Landung in Frankfurt z.B. binnen 15 Minuten im City Center ist, macht ein Standort am Airport häufig wenig Sinn für ihn. Dafür liebt er Standorte am Bahnhof, "aber da sind wir vielleicht ein wenig zu spät unterwegs", räumt er ein.

Wenn die Whitbread-Marke derart schnell an Präsenz und Relevanz gewinnt, wäre es dann nicht auch angesagt, gleich die zweite britische Marke Hub by Premier Inn nachzuschieben? In Grossbritannien gibt es 12 Häuser dieser stylischen – und bereits stärker digitalisierten – Budget-Marke in London und Edinburgh – überall dort, wo die Grundstücks- und Immobilien-Preise hoch sind. "Unsere Kunden und wir lieben Hub, die Marke ist mit ihren kleinen Zimmern und hohen Raten sehr erfolgreich", schmunzelt Anderson. Trotzdem will er das Entrée der Marke Premier Inn in Deutschland nicht verwässern. Volle Konzentration auf die Kernmarke!

Prompt und bar zahlen

Cash in der Hinterhand macht trotzdem vieles einfacher und vermutlich schneller. Auf die Frage, ob Premier Inn auch künftig Grundstücke oder Immobilien binnen vier Wochen in Bar bezahle –, so wie es die Branche erzählt -, antwortet Mark Anderson ohne Zögern: "Wir bezahlen prompt und bar. Wir möchten, dass die Leute mit uns Geschäfte machen." Trotzdem ist ihm anzumerken, dass er Respekt vor den starken Mitbewerbern in Deutschland hat: Motel One, Steigenberger, Holiday Inn Express, Hampton by Hilton und B&B – all das seien grossartige Unternehmen, die deutlich mehr Erfahrung im deutschen Markt haben als Premier Inn.

Stylish, schlank und digitaler: Hub by Premier Inn. Die ersten 12 Hotels in London und Edinburgh machen Lust auf Mehr.Foto: Premier Inn

So wie Premier Inn seine Mieten/Pachten trotz Covid-19 voll zahlt, bezahle man auch seine Supplier schnell; ausserdem habe man auch die Gehälter der Mitarbeiter im Office auf 100 Prozent aufgestockt. Sie sollen wieder zu Premier Inn zurückkommen und im Aufschwung nicht zum Wettbewerb abwandern.

In der Krise wird die Digitalisierung zunehmend als Profit-Leverage genannt. Wie ist Premier Inn darauf vorbereitet? Es ist wohl einiges im Fluss. Konkret möchte Anderson nur die Self-Checkin-Kioske nennen, die in britischen Hotels erhalten bleiben, in Deutschland aber aufgrund einer Kunden-Umfrage gar nicht erst eingeführt wurden. Der Premier Inn-Geschäftsführer glaubt, dass deren Zeit bald abgelaufen ist; der Trend geht zum kontaktlosen und bruchfreien Login via Smartphone, so dass die Schlösser der Premier Inn Hotels jetzt schrittweise die neueste Technologie erhalten. "So verfügen wir über Technologie in der Infrastruktur unserer Häuser", erläutert Anderson. Darauf lässt sich die weitere Vernetzung des Gebäudes aufbauen.

Über 100 Köpfe zählt das Digital-Team der Gruppe, die alles daran setzt, digital zu optimieren, was möglich ist. Dazu gehört auch die Optimierung des Vertriebs und konkret der Webseite mit ihren Search-Algorithmus und ihrer Buchungseffizienz. 90% der Premier Inn-Buchungen kommen direkt, sagt Mark Anderson. Trotzdem müssen die Kosten pro Click auf Google und Booking.com kontrolliert und reduziert werden.

Das alles klingt nach viel Action und noch mehr Arbeit in Corona-Zeiten. Wie schlimm ist da noch das Chaos rund um den Brexit? "Wir haben dazu bisher nicht viel gesagt", so Anderson, "unser Hauptgeschäft liegt immer noch in Grossbritannien. Unsere Pläne, auch für Deutschland, ändern sich durch Brexit nicht. Aber wir würden gerne endlich final wissen, was passiert." / Maria Pütz-Willems

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