KI-Boom: Strombedarf in Rechenzentren steigt

KI-Boom: Strombedarf in Rechenzentren steigt

Data Center
In Dublin dürfen bis 2028 nur vereinzelt Projekte ans Netz gehen, bereits jetzt entfallen 18% des Stromverbrauchs des Landes auf Rechenzentren. / © Brian Penny, Pixabay

Immer mehr Menschen nutzen KI. Damit steigen auch die Anforderungen an Rechenzentren – und deren Strombedarf. Allein in der EU steigt dieser um 60%. Die Strom-Netzwerke in Europa sind aber oft über 40 Jahre alt. 

KI und Machine Learning stehen davor, unseren Alltag langfristig zu verändern. Die steigende Nachfrage nach diesen Technologien versetzt dabei den Markt für Rechenzentren in eine Transformation mit neuen Anforderungen an Gebäude, Lage und Investmentansätze – und das in rapider Geschwindigkeit, denn innerhalb der kommenden fünf Jahre dürften mehr als doppelt so viele Daten generiert werden als in den vergangenen zehn Jahren zusammen. 


Der damit einhergehende Energiebedarf ist enorm und stellt den Markt, nicht zuletzt aufgrund der zeitgleich forcierten Energiewende, vor zahlreiche Herausforderungen, wie aus dem JLL "Data Centers 2024 Global Outlook" hervorgeht.


"Die existenzielle Rolle von Rechenzentren und damit die Suche nach geeigneten Flächen, die eine ausreichende Strom-Verfügbarkeit bieten, wird sich noch einmal deutlich verstärken", sagt Björn Wagenknecht, Senior Director Project & Development Services JLL Germany. 


Rechenzentren stehen in direkter Konkurrenz mit weiteren energieintensiven Zukunftstechnologien wie der Infrastruktur für Elektroautos sowie hochmodernen Produktionsanlagen. Allein in der EU dürfte der Stromverbrauch bis 2030 um 60% steigen, so die Europäische Kommission. Dabei sind – auch weltweit – die Netzwerke nicht für diese enormen Massen an Energietransporte ausgelegt. In Europa ist beispielsweise ein Drittel der Netze über 40 Jahre alt. Die notwendigen Investitionen bis 2030 beziffert die Kommission mit 584 Milliarden Euro, um durch Netz-Erneuerungen und moderne Stromgewinnungsformen die eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.


Rechenzentren werden selektiert

Das Thema drängt, erklärt Wagenknecht: "Die Nachfrage nach Anschluss-Leistung wächst jährlich im zweistelligen prozentualen Bereich, der erhöhte Bedarf wird den Markt weiter erhitzen. Investoren widmen sich daher mehr und mehr der Assetklasse, da sie für Sicherheit und Perspektive steht, zumindest sofern die fragile Energiesituation gelöst wird." Im irischen Dublin dürfen aufgrund dieser bis 2028 nur vereinzelt Projekte ans Netz gehen, bereits jetzt entfallen 18% des Stromverbrauchs des Landes auf Rechenzentren. Auch in Singapur müssen neue Projekte aufgrund der limitierten Ressourcen sensible Verfahren zum Thema Nachhaltigkeit und Effizienz durchlaufen.


Unterdessen werden Neuentwicklungen immer grösser: Während vor zehn Jahren neue Rechenzentren üblicherweise noch Leistungen von unter 10 MW boten, sind Ankündigungen von mehr als 100 MW heutzutage keine Seltenheit mehr. Bei entsprechender Flächenverfügbarkeit wenden sich Entwickler gar Projekten mit bis zu 500 MW zu. Besonders in den Hyperscalern, den massiven Rechenzentren grosser Tech-Konzerne, wird zudem zunehmend die Rackdichte erhöht, also die Rechenleistung in einzelnen Serverschränken. 


Aktuell liegt sie bei 36 kW pro Rack, nach Schätzungen der International Data Corporation (IDC) dürfte sie bis 2027 auf 50 kW steigen und in KI-Clustern 80 bis 100 kW erreichen. Mit dem Durchbruch der KI bei Konsumenten dürfte die erhöhte Rackdichte auch in regulären Unternehmensrechenzentren und Colocation-Objekten (Rechenzentren mit mehreren Kunden) einziehen.


Hitze ist ein Problem

Da durch KI und höhere Rackdichten mehr Hitze entsteht, muss verstärkt für Kühlung gesorgt werden, die aktuell durchschnittlich für rund 40% des Energieverbrauchs eines Rechenzentrums verantwortlich ist. Google, Meta und Amazon beispielsweise haben Rechenzentren nahe dem Polarkreis in Betrieb genommen, um die Kühlung auf natürliche Weise zu unterstützen. 


Weitere Entwicklungen dürften dort in den kommenden Jahren folgen. An anderen Standorten dürfte die klassische Luftkühlung aufgrund der fortschreitenden Technologie jedoch nicht mehr ausreichen, Abhilfe können hierbei flüssigkeitsbasierte Kühltechnologien bieten, mit denen der Energiebedarf um bis zu 90 Prozent reduziert werden kann.


"Betreiber und Investoren müssen immer frühzeitiger intensivere Energieeffizienz- und Nachhaltigkeitsstrategien aufsetzen, damit sie und ihre Mieter langfristig den hohen Energiebedarf auch unter Berücksichtigung der rechtlichen nationalen Rahmenbedingungen decken können", rät Wagenknecht. Er rechnet damit, dass die wachsende Nachfrage auch ein Innovationstreiber für neue Beziehungsmöglichkeiten und Technologien sein wird. 


Power Purchase Agreements (PPA), also eine vertraglich mit fester Laufzeit gesicherte Abnahme von Strom aus idealerweise nachhaltiger Quelle, könne dazu ebenso zählen wie Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Rechenzentren. In kleinerem Rahmen werden zudem Brennstoffzellen und in anderen Ländern kleine Nuklear-Reaktoren getestet. / red

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