Mission Impossible 10 Jahre später TUI eröffnet toskanisches Castelfalfi als Luxus Resort
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Mission Impossible

10 Jahre später: TUI eröffnet toskanisches Castelfalfi als Luxus-Resort

Was lange währt, wird endlich gut? TUIs Luxus-Resort Castelfalfi nach 10jähriger Planungs- und Bauphase. 

Montaione/Toskana. Der in Deutschland ansässige Reiseveranstalter TUI Group hat endlich die Eröffnung des Castelfalfi TUI Blue Selection gefeiert – dem 5 Sterne-Hotel, das in Italien vor weniger als einem Jahr als erstes Haus der neuen Marke an den Start ging. Die Herausforderungen des 1.100 Hektar grossen Grundstücks sind mit einem ehrgeizigen Investment-Plan von 250 Millionen Euro jedoch noch nicht vom Tisch. Castelfalfi hatte schon mehrfach die Richtung geändert, bevor es seinen Weg jetzt scheinbar gefunden hat.

Die Geschichte des Projekts fing schon vor zehn Jahren an. Die ursprüngliche Idee eines Entertainment-Giganten im Herzen der toskanischen Berge wandelte sich auf halber Strecke in ein doch realistischeres Konzept eines gehobenen, luxuriösen Rückzugsortes, welcher auf ältere internationale Reisende zielt, die sich von dem Charme der italienischen Landschaft angezogen fühlen. An der Spitze dieses Unternehmens sitzt aktuell ein Manager, der Erfahrung in der Restrukturierung grosser internationaler Firmen mitbringt. Der perfekte Kandidat für die Mission Impossible.

"Als ich hier Ende 2012 ankam, habe ich anfangs gedacht, dass dies eine echte Mission Impossible ist. Ich sagte mir, dass ich ein paar Monate bleiben und dann woanders hingehen würde. Es hat allerdings nicht lange gedauert, bis ich mir bewusst wurde, was für ein grossartiges Potential diese Location für den Tourismus hat." Stefan Neuhaus, CEO des Toskana-Resorts Castelfalfi, spricht fliessend Italienisch: "Es war hart, wir haben mit lokalen Verwaltungen und manchmal sogar mit dem TUI-Hauptsitz in Hannover gekämpft und diskutiert. Aber hier sind wir jetzt und eröffnen die TUI Blue Selection. Unsere Reise ist hier noch nicht zu Ende, aber dieses neue Hotel markiert einen entscheidenden Schritt für die Zukunft des gesamten Areals."

Ein holpriger Start

Toskanische Idylle im mittelalterlichen Dörfchen Castelfalfi – eigentlich die perfekte Inspirationsquelle.

Ja, das Grundstück… ein gigantisches Projekt, dass 2007 anlief, sich über eine Fläche von mehr als 1.100 Hektar Land erstreckt und sich um die mittelalterliche Ortschaft Castelfalfi zieht, welche ein paar italienische Unternehmer vor der Ankunft TUIs bereits erfolglos zu renovieren versuchten. Castelfalfi gehört zu der Gemeinde Montaione, die auf dem toskanischen Land zwischen Florenz und Volterra liegt. Vor Jahrhunderten verlief die Grenze zwischen Florenz und der rivalisierenden Stadt Pisa nicht fernab von Castelfalfi.

Vor zehn Jahren entschied sich der ehemalige TUI CEO, Michael Frenzel, hier zu investieren, um ein massives Ferienwohnungsprojekt zu realisieren. Europas grösster Reiseveranstalter erwarb zuerst 85% des Grundstücks von einem mailändischen Unternehmer, nur um die übrigen 15% zwei Jahre später auch zu akquirieren. TUI plante ein Gesamt-Investment von 250 Millionen Euro, um damit ein ehrgeiziges Renovierungs- und Bauprogramm anzukurbeln, welches 2030 fertig sein sollte. In der Planung inbegriffen waren Unterkünfte, Restaurants, Apartments, Villen, Golfplätze und sogar das Anpflanzen von Weingärten und Olivenbäumen.

Es verlief aber nicht so wie geplant. Das Projekt erntete direkt Kritik von örtlichen Umwelt-Organisationen, denen der geplante Entertainment-Gigant direkt in der Mitte der toskanischen Berge Sorgen bereitete. Selbst die Verwaltungen vor Ort hatten ihre Zweifel. In der Zwischenzeit stürzte das ganze Projekt in die Lehman-Krise.

In den Jahren 2012 und 2013 veränderte sich viel im TUI-Hauptsitz, an dessen Spitze nun CEO Friedrich Joussen steht – und es begann ein langer, vertikaler Integrationsprozess der Unternehmens-Geschäfte. Ein Projekt, das die Transformation TUIs von einem einfachen Reise-Veranstalter zu einem Gesamtanbieter von Tourismus-Dienstleistungen, inklusive Hospitality, zum Ziel hat.

Er soll es richten: Der Deutsche Stefan Neuhaus sieht das Potential der Anlage.Foto:Sarti

Die Halbjahres-Abschlüsse 2012-2013 der Gruppe verwiesen auf das Castelfalfi Projekt als eine der Hauptursachen für die damals verzeichneten schlechten Ergebnisse. Castelfalfi neues Leben einzuhauchen, kostete die TUI 85,5 Millionen Euro an Wertminderungen und Abschreibungen in sieben Jahren, wie 2014 vom Finanzdienst "Bloomberg" berichtet wurde, der den Prospekt für die Fusion von TUI und TUI Travel zitierten. Zu der Zeit gingen die Gerüchte herum, dass TUI sich von dem Grundstück in der Toskana verabschieden würde. In dieser prekären Phase trat Stefan Neuhaus auf die Bühne. Der Deutsche hat eine vielfältige berufliche Karriere sowohl im Rechts- als auch im Management-Bereich, darunter auch als Partner des deutschen Beratungsunternehmens Kuhl & Partners mit Spezialisierung auf der Umstrukturierung nationaler und internationaler Gross-Unternehmen.

Die Wende

Neuhaus' Sprachkenntnisse und sein Jura-Studium an der Universität Bologna halfen ihm im Dialog mit den örtlichen Verwaltungen und Umwelt-Organisationen, die schon bald im Entscheidungsprozess involviert sein sollten. Zudem hat der gleiche Rahmenplan des Projekts komplett die Richtung geändert: Anstatt auf den Massenmarkt zu setzen, verlagerte sich der Fokus mehr und mehr auf das gehobene und sogar auf das Luxus-Segment. Weniger Räume und mehr Profit heisst das Credo.

Somit unterscheidet sich das aktuelle Projekt sehr von der anfänglichen Planung. TUI hatte 2017 eigentlich daran gedacht, einen Mega-Touristenort mit drei TUI-Markenhotels Robinson Club, Dorfhotel und Iberotel zu bauen, angeblich mit insgesamt mehr als 1.000 Zimmern im Angebot, inklusive Apartments.

Seit 2013 steuert Friedrich Joussen die Geschicke der TUI – und veränderte auch Castelfalfi.

Mit der Ankunft von Neuhaus begann die Renovierung im alten Dorf Castelfalfi endlich wieder, während die ersten Wohneinheiten zu Preisen verkauft wurden, kompatibel mit dem neuen Angebot zu einem Durchschnittspreis von 4.000 bis 5.000 Euro pro Quadratmeter, erklärt ein Mitarbeiter von Castelfalfi. Doch die Werte schwanken sehr von Gebäude zu Gebäude, da das Grundstück sehr verschiedene Bautypen aufweist: Apartments, Landhäuser und Villen.

Heute heisst es in einem offiziellen Bericht, dass etwa 95% der 48 Apartments bereits an internationale Abnehmer aus entfernten Ländern wie den USA, Kanada und Australien verkauft wurden. Das Resort umfasst auch 28 alte Bauernhäuser, die bis heute in zehn Wohneinheiten umgewandelt wurden, jeweils mit einem 2.500 bis 4.500 qm grossen Grundstück. Davon sind neun bereits an die neuen Besitzer übergeben worden.

Drei weitere Bauernhäuser werden derzeit renoviert, um in mehrere Wohneinheiten aufgeteilt zu werden. Sieben Grundstücke entlang des Golfplatzes sind auch für Bebauungen verfügbar. Zwei Golfvillen sind dort bereits übergeben worden, während zwei weitere in den letzten Zügen der Veräusserung und weitere drei in der Pipeline sind.

Zuguterletzt wird gerade ein kleines Dorf auf einem Hügel errichtet. Es wird mit elf neuen Apartments auftrumpfen können, während ein altes Bauernhaus auch hier sieben neue Wohneinheiten zur Verfügung stellt. Insgesamt bestätigen die Immobilien-Zahlen eindeutig den sinnvollen Ausstieg aus dem eigentlichen Projektplan von 2007. Nun scheint sich das Castelfalfi Projekt endlich zu erholen.

Sieht so heute ein luxuriöser Rückzugsort aus?

Castelfalfi: 5 Sterne
auf dem Land

Neben Villen, Ferienhäusern und Apartments haben in den vergangenen Jahren mehrere Geschäfte eröffnet, so auch das Fine Dining-Restaurant La Rocca und das 4 Sterne, 30 Zimmer grosse Boutique-Hotel La Tabaccaia, inklusive eines weiteren separaten F&B Outlets. Das letztere Hotel befindet sich direkt vor dem kürzlich eröffneten 5 Sterne Castelfalfi TUI Blue Selection Hotel.

"Bisher haben wir 200 neue Arbeitsplätze direkt und weitere 300 indirekt geschaffen. Und das alles in einer Gegend, Montaione und Umgebung, die sich in schwierigen Zeiten befand", verriet Neuhaus stolz. "Das Projekt ist jetzt auf einem guten Weg, aber wir haben immer noch ein paar Ausgaben vor uns. Wir müssen die örtliche Strasse ausserhalb des Ortes erweitern. Darüber hinaus gibt es noch weitere Bauernhäuser, die zu erneuern sind sowie ein paar weitere Apartments und Villen. Geplant ist ausserdem ein neues Golf-Clubhaus für die 27 Loch-Anlage, die gesetzliche Genehmigung haben wir hierfür bereits erhalten."

Der schnelle Erfolg des La Tabaccaia hat TUI schlussendlich davon überzeugt, mit dem Bau des TUI Blue Selection Hotels 2015 zu beginnen, welches jetzt offiziell eröffnet wurde. Die Marke TUI Blue wurde vor weniger als einem Jahr ins Leben gerufen, um bei der Restrukturierung der Hospitality-Marken-Architektur der Gruppe zu helfen. Diese und andere Massnahmen zielen darauf ab, die Anzahl der Marken zu reduzieren, in dem Fall Iberotel und Dorfhotel, die ursprünglich in den ersten Castelfalfi-Projektplänen vorgesehen waren.

Das TUI Blue Selection Hotel kostet 25 Millionen Euro und wurde in zwei Jahren aufgebaut. "Ich liebe es zu sagen, dass wir ein 5 Sterne-Hotel mit sehr wenig Geld realisiert haben," wiederholt Neuhaus. Das neue Hotel hat ein warmes und minimalistisches Design, mit natürlichen Pastell- und Erdton-Farben, die sich gut in die umliegende Landschaft einfügen.

Minimalistisches Design im 5 Sterne-Hotel TUI Blue Selection.

Das Hotel verfügt über 120 Zimmer, darunter acht Suiten, Tagungsräume für 180 Personen, ein Restaurant, zwei Bars, ein 200 qm grosses Fitnesscenter und ein 1.000 qm grosses Spa.

"Die Zielgruppe unseres TUI Blue Selection Hotels sind anspruchsvolle und aufgeschlossene Reisende, oft über 55 Jahre alt, die sich für die gesamte Dauer ihres Aufenthalts verwöhnen lassen wollen. Wir adressieren aber auch Gruppen, die nach einem flexiblen Angebot suchen, das traditionell nicht in Standard-Tourismus-Paketen enthalten ist," erklärt Neuhaus. Sein Fokus liegt auch auf MICE. Mit Italien an erster Stelle sind die traditionellen Quellmärkte die wichtigsten von TUI: Deutschland, Frankreich, Österreich und Nordeuropa. Als Mitglied der Kooperation Preferred Hotels & Resorts hat das 5 Sterne-Hotel sogar amerikanische Reisende im Visier.

Nachhaltigkeit & F&B als Teil des Erlebnisses

Das gesamte Grundstück musste aufgrund seiner ländlichen Lage beispielsweise seine eigene Strom- und Wasser-Versorgung aufsetzen, was dem ganzen Projekt einen interessanten umweltfreundlichen Ansatz gibt. Insbesondere die Beheizung wird durch ein Biomasse-Kraftwerk erzeugt, während der Golfplatz mit aufbereitetem Abwasser bewässert wird. Ausserdem wurde jedes Gebäude nach energie-effizienten Prinzipien renoviert bzw. gebaut, so dass alle Ferienhäuser mit Klasse B und der TUI Blue Selection Hotelklasse A zertifiziert sind. Die Zertifizierungen wurden von der in Südtirol sitzenden, unabhängigen Agentur CasaClima nach dem Nachhaltigkeitsstandard der autonomen Provinz Bozen erteilt.

Im Boutique-Hotel La Tabaccaia sorgen warme Farben und rustikale Details für Wohlfühl-Atmosphäre.alle Fotos: TUI

Ein weiteres wichtiges Element des neuen Hotels ist das Restaurant. "Eine wesentliche Rolle des Erlebnisses spielt hier ganz klar das Essen", konstatierte der CEO. Und tatsächlich hat Castelfalfi seine eigene Wein- und Olivenöl-Produktion auf dem Grundstück.

Ohne bei alledem die Technologie aus dem Auge zu verlieren, gibt es auch "neue Messaging Apps und Tools, die eine direkte Kommunikation zwischen den Hotel-Mitarbeitern und den Kunden ermöglichen, so dass der traditionelle Telefonanruf zur Rezeption übersprungen werden kann."

Das 5 Sterne-Hotel hat vor, die Kostendeckung in etwa drei Jahren zu erreichen. Über Details zu den erwarteten Zahlen herrscht Stillschweigen. "Wir sind immer noch ein börsennotiertes Unternehmen", betont Neuhaus, "aber ich kann schon sagen, dass wir mit den bisher registrierten Buchungszahlen sehr zufrieden sind."

Heute sieht TUI Castelfalfi als Pilotprojekt, das bei Erfolg an anderer Stelle repliziert werden könnte. Vielleicht sogar wieder in Italien, wo die Gruppe bereits einen Robinson Club in Salento betreibt sowie weiteren Zielen hauptsächlich auf Sizilien, Sardinien und wieder in Apulien, erzählte Sebastian Ebel, Mitglied des Executive Boards der TUI Gruppe und zuständig für Hotels und Schifffahrten, in einer Pressekonferenz.

Mit diesem Resort wird es TUIs Herausforderung sein, zu zeigen, dass man ein 5 Sterne-Hotel jenseits seiner klassischen Strand-Destinationen betreiben kann. Was wohl auch noch spannend bleibt, ist das Erreichen des ROI von 15%, wie Ebel ebenfalls im Gespräch über die opportunistische Strategie der Gruppe verriet. Das Mitglied des Executive Boards erwähnte Mexiko, Thailand und Sri Lanka als gute Beispiele für Destinationen mit hohem Potential – allerdings nannte er nicht Italien oder andere europäische Reiseziele. Das ist wahrscheinlich kein Zufall… / Massimiliano Sarti

TOSKANA RESORT CASTELFALFI IN KÜRZE

Das toskanische Resort Castelfalfi ist ein mittelalterliches Dorf im Herzen der Toskana gelegen, in der Gemeinde Montaione, genau zwischen Florenz und Volterra. Das Schloss des Dorfes wurde im 18. Jahrhundert von Longobard Faolfi errichtet, nach welchem es auch benannt ist. Das Gebiet umfasst mehr als 1.100 Hektar Weinbaugebiet, Oliven-Plantagen, Wälder, Seen und Jagdgründe.

Das Resort bietet ein vielfältiges Angebot an Outlets, darunter 48 Apartments, mehrere Bauernhäuser und Villen, ein paar Geschäfte, das 4 Sterne und 30 Zimmer-Boutique Hotel La Tabaccaia, die 5 Sterne Castelfalfi TUI Blue Selection sowie vier Schwimmbäder, drei Restaurants sowie weitere Bars und Lounge Bars.

 

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Unter anderem werden dort die Marken Robinson, Dorfhotel und Iberotel vertreten sein.

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