Lust auf Pasta beim Nobel-Italiener Carbone im New Yorker Ausgehviertel Greenwich oder einen Whiskey in der berühmten Polo Bar von Ralph Lauren? Kein Problem für ein paar hundert Dollar. Aber für die Reservierung, nicht für Essen und Trinken.
In der US-Metropole New York sind die Grenzen dessen, was mit Geld erkauft werden kann, bekanntlich nach oben offen. Da es in den beliebtesten Restaurants der Stadt oft bereits Wochen im Voraus unmöglich ist, einen Tisch zu ergattern, hat sich ein Online-Marktplatz für Tischreservierungen entwickelt. Auf Online-Portalen können jene mit entsprechend tiefen Geldbeuteln Reservierungen ersteigern, die andere zuvor erworben haben.
Ein zuletzt in Kraft getretenes Gesetz im US-Bundesstaat New York soll der "Restaurant-Reservierungs-Piraterie", wie das Geschäftsmodell auch genannt wird, nun ein Ende setzen. Drittplattformen dürfen Reservierungen dort nicht mehr ohne Zustimmung der Restaurants verkaufen.
Kampf gegen Bots
Denn bei Anbietern der heiss begehrten Reservierungen soll es sich oftmals um automatisierte Bots handeln, die sich freie Plätze schnappen, um aus der hohen Nachfrage Profit zu schlagen. Während das Leben in New York für einige immer unbezahlbarer wird, geben andere am Silvesterabend bis zu 3.000 Euro dafür aus, um z.B. einen Tisch bei "The Corner Store" in Soho zu bekommen.
New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul bezeichnet den "räuberischen Schwarzmarkt" als unfaire Ausbeutung und betont, dass das neue Gesetz wieder mehr Kunden Zugang zu den angesagtesten Restaurants der Stadt verschaffen werde.
System ist nicht neu
Augenwischerei, sagt Jonas Frey, Gründer und CEO von Appointment Trader, einer der Plattformen, auf denen man Reservierungen erwerben kann. Der in Miami lebende Deutsche, der mit seinem Team jährlich rund 80.000 Reservierungen vermittelt, argumentiert, dass statt eines generellen Verbots der Einsatz von Bots gezielt hätte untersagt werden können: "Da hätten wir gar nichts dagegen, die sind auf unserer Plattform ohnehin weitestgehend verboten." Die Verkäufer seien vor allem Menschen, die eine vorab bezahlte Reservierung nicht wahrnehmen könnten oder Restaurant-Mitarbeiter, die sich etwas dazuverdienten. Die vielen Kritiker glauben das nicht.
Ausserdem sei das System nicht neu. Denn der Normalbürger könne in den meisten exklusiven Restaurants auch durch das Gesetz nicht einfacher einen Platz bekommen, sondern nur über Kontakte, individuell von Firmen ausgehandelte Deals mit Restaurants, durch die Kunden exklusive Plätze bekommen, oder autorisierte Verkäufer, die oft noch höhere Preise verlangten, sagt Frey.
Exklusivität als Millionen-Geschäft
Dass mit Restaurant- und Event-Management viel Geld verdient werden kann, haben inzwischen auch andere Unternehmen längst erkannt. Plattformen wie Resy, OpenTable, Dorsia und Tock, die gegen eine Gebühr mit Restaurants kooperieren, sind von dem neuen Gesetz nicht betroffen, selbst wenn manche Dienste für Kunden kostenpflichtig sind. American Express, das bereits Resy erworben hat, übernahm im vergangenen Jahr auch Tock für 400 Millionen Dollar, eine Plattform, die sich mit Buchungen von gehobenen Restaurants und luxuriösen Events insbesondere an zahlungskräftige Kunden richtet.
Immer mehr Restaurants in New York eröffnen zudem exklusive Clubs mit Aufnahmegebühren und Jahresbeiträgen von mehreren zehntausend Dollar, privaten Speisesälen und exklusiven Spitzenköchen. Kautionen für direkt beim Restaurant getätigte Reservierungen von mehreren hundert Dollar sind keine Seltenheit – und können bei Absagen auch einbehalten werden.
Leere Tische als Folge?
Pablo Rivero, CEO von Resy, begrüsst das neue Gesetz, auch im Namen der Restaurant-Partner: "Es ist ein grosser Schritt vorwärts in den Bemühungen der Branche, Restaurants und Gäste vor Reservierungsbetrug zu schützen."
Staatssenatorin Nathalia Fernandez, die den Vorschlag zu dem Gesetz unterbreitet hatte, und die Vorsitzende des New Yorker Restaurant-Verbandes, Melissa Fleischut, kritisierten, dass der Verkauf von Reservierungen auf Drittanbieter-Plattformen zu vermehrten "No-Shows" und kurzfristigen Stornierungen geführt habe – mit leeren Tischen, Umsatz-Einbussen und fehlenden Trinkgeldern für das Personal als Folge.
Frey weist diese Kritik zurück. Anders als bei einem Schwarzmarkt gebe es auf seiner Plattform eine Geld-zurück-Garantie für Kunden, falls eine Reservierung nicht funktioniere, und es werde streng kontrolliert, dass Verkäufer den Grossteil ihrer Reservierungen tatsächlich vermitteln, damit Restaurants nicht mit leeren Tischen dastehen. Zudem seien die gehandelten Restaurants so teuer, dass Reservierungsgebühren von durchschnittlich 100 Dollar für die Gäste nicht stark ins Gewicht fielen.
Augenwischerei, sagt Jonas Frey, Gründer und CEO von Appointment Trader, einer der Plattformen, auf denen man Reservierungen erwerben kann. Der in Miami lebende Deutsche, der mit seinem Team jährlich rund 80.000 Reservierungen vermittelt, argumentiert, dass statt eines generellen Verbots der Einsatz von Bots gezielt hätte untersagt werden können: "Da hätten wir gar nichts dagegen, die sind auf unserer Plattform ohnehin weitestgehend verboten."Die Verkäufer seien vor allem Menschen, die eine vorab bezahlte Reservierung nicht wahrnehmen könnten oder Restaurant-Mitarbeiter, die sich etwas dazuverdienten. Die vielen Kritiker glauben das nicht.
"Es wollen mehr Leute in New York exklusive Restaurants besuchen als Tische da sind – und deswegen existiert ein Preis", argumentiert Frey. "Das Problem haben wir aber nicht erfunden oder geschaffen. Klar, wer zahlt, hat Vorteile denen gegenüber, die nichts zahlen. Wird die Nachfrage durch das Verbot verschwinden? Nein, sie steigt und verlagert sich vermutlich in illegale Kanäle."
Frey will trotz des Gesetzes weitermachen. Appointment Trader stehe wegen starker Umsätze in Millionenhöhe nicht mit dem Rücken an der Wand, sondern wolle sich wehren, sagt er. Und neue Märkte seien dank steigender Nachfrage schon in Sicht – auch in Europa. / dpa