Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen sollen künftig der Finanzberichterstattung gleichgestellt und von unabhängigen Stellen geprüft werden. Zuvor muss die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in nationales Recht umgesetzt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird in Kürze erwartet.
Zahlreiche Wirtschaftsverbände haben sich jetzt an das federführende Bundesjustizministerium (BMJ) sowie das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Finanzministerium (BMF) gewendet und einen offenen Markt für die bevorstehende verpflichtende Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte gefordert und vor Kapazitätsengpässen gewarnt.
Diese Forderungen unterstützen der TÜV-Verband als Vertreter der Prüforganisationen sowie die Wirtschaftsverbände der Textilindustrie (Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie), der Chemischen Industrie (VCI), des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA), der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) sowie der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) und die WirtschaftsVereinigung Metalle.
Zu wenig Prüfer, zu geringe Qualifikation befürchtet
"Laut der europäischen CSRD-Richtlinie werden Nachhaltigkeitsberichte künftig für viele Unternehmen verpflichtend. Jetzt geht es darum, die Vorgaben nach den Erfordernissen der rund 15.000 betroffenen Unternehmen in nationales Recht umzusetzen. Neben Wirtschaftsprüfern sollten auch technische Sachverständige entsprechende Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten vornehmen dürfen", sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Die technischen Prüfunternehmen verfügten über langjährige Erfahrungen u.a. bei der Zertifizierung von Umwelt-Management-Systemen, der Verifizierung des CO2-Fussabdrucks von Unternehmen oder von Lieferketten-Audits.
Bühler: "Dem Vernehmen nach sollen die Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland ausschliesslich von Wirtschaftsprüfern durchgeführt werden dürfen. Die Folge wären bereits jetzt absehbare Kapazitätsengpässe bei den Prüfern, höhere Kosten, die vor allem den Mittelstand belasten würden, und die Gefahr minderwertiger Prüfungsergebnisse, wenn Personal oder technisches Knowhow fehlt."
Alarm schlagen auch die Vertreter der betroffenen Wirtschaftszweige. "Für die externe Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten brauchen wir ein möglichst breites Angebot qualifizierter Prüfdienstleister, die zu vertretbaren Kosten arbeiten. Das ist für mittelständische Unternehmen, die nicht über die finanziellen Ressourcen grosser Konzerne verfügen, entscheidend. Deutschland sollte Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien folgen und neben Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften auch sonstige akkreditierte Prüfstellen zulassen, wie z. B. TÜV, Dekra, DQS und andere Organisationen", sagt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des VDMA. "Zudem sollte es möglich sein, die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte mit der ISO-Auditierung zu verknüpfen."
"Es darf keinen deutschen Sonderweg geben. Auch bei dieser EU-Richtlinie ist Einheitlichkeit bei der Umsetzung Trumpf", sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. "Wenigstens bei der Frage der Berichtsprüfung sollte die Bundesregierung Verhältnismässigkeit und Praktikabilität zur Entscheidungsgrundlage machen", ergänzt Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.
Nach den Vorgaben der CSRD sollten technische Prüfdienstleister von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkks) zugelassen werden. Voraussetzungen sind u.a. eine Eignungsprüfung, Qualitätssicherungssysteme und kontinuierliche Fortbildungen. Entscheidende Kriterien sind die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Anbieter. Akkreditierungsstellen nehmen die Aufsicht und Qualitätskontrolle der Prüforganisationen wahr. / ots