Wer eine (Muster-)Adresse für klimafreundliches Bauen sucht, wird bei den Oberen Waldplätzen 12, kurz OWP12, in Stuttgart fündig. Hier hat das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer Ende 2021 eine neue Unternehmenszentrale eröffnet, die Klima und Ressourcen schont und gleichzeitig als Demonstrationsobjekt für Bau-Interessenten dient. Ob Kreislaufwirtschaft, Grünfassade oder Energiekonzept: Die OWP12 ist Vorreiterin für nachhaltiges Bauen. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat das innovative Gebäude diese Woche mit dem DGNB Zertifikat in Platin geadelt.
"Ein grosser Anteil der weltweiten CO2-Emissionen resultiert aus dem Energieverbrauch von Gebäuden und der Produktion von Baumaterialien. Die neue Drees & Sommer-Unternehmenszentrale ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Transformation der Bauwirtschaft gelingen kann," sagt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. Steffen Szeidl, Vorstandssprecher der Drees & Sommer SE, unterstreicht: "Für unseren Neubau haben wir uns mit starken Partnern zusammengeschlossen, um gemeinsam Innovationen zu entwickeln, welche die bis dato geltenden Grenzen des Machbaren überwinden."
Mit gutem Beispiel vorangehen
Als sogenanntes Plusenergiehaus erzeugt die OWP12 im Betrieb mehr Energie als das Gebäude selbst verbraucht. Möglich wird das durch eine neu entwickelte, hochdämmende Fassaden-Konstruktion, Photovoltaik-Anlagen, Geothermie-Bohrungen sowie durch eine begrünte Fassade an der Nordseite. Eine solche Fassaden-Begrünung soll künftig in vielen Grossstädten Vorschrift werden, denn die Vorteile sind vielfältig: Die Immobilie heizt sich weniger auf, Insekten siedeln sich an und stärken somit die Biodiversität, die Pflanzenwände filtern Schadstoffe und gleichzeitig entsteht eine Schwammfunktion, die Regenwasser zurückhält.
Kombiniert hat Drees & Sommer die grüne Aussenhaut mit einer ebenfalls neu entwickelten modularen und kreislauffähigen Fassade. Sie benötigt nur wenig Fläche und erzeugt dank Photovoltaik-Elementen regenerativen Strom. Darüber hinaus erreicht die Fassade dank innovativer Materialien ausgezeichnete Wärme- und Schalldämmwerte und erfüllt damit die Anforderungen an einen erhöhten Schallschutz für das Gebäude an einem vierspurigen Autobahn-Zubringer.
Zweites Leben für alte Steine
Damit der Ressourcen-Verbrauch und das Abfall-Aufkommen möglichst gering ausfallen, verwirklichte Drees & Sommer mit dem Tochter-Unternehmen und Umweltberatungsinstitut EPEA beim Bau der OWP12 in weiten Teilen das sogenannte Cradle to Cradle-Prinzip, einen Ansatz für eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft: Die in einem Gebäude verbauten Materialien bei Rück- oder Umbau werden in Stoff-Kreisläufe zurückgeführt und in hoher Qualität wiederverwertet. Dazu müssen die verbauten Produkte und Konstruktionen entsprechend sortenrein trennbar gestaltet und so "gesund" sein, dass später keine Schadstoffe in Rezyklate oder Umwelt gelangen können.
Die im Gebäude OWP12 verwendeten Materialien und deren chemische Beschaffenheit sind in einem von EPEA entwickelten Materialausweis – dem Circularity Passport – dokumentiert. Dieser gibt Auskunft darüber, welche Materialien wo und in welcher Qualität und Menge im Gebäude enthalten sind und ermöglicht es so, potenziell alle Stoffe am Ende des Lebenszyklus der Kreislaufwirtschaft zuzuführen.
Nachhaltigkeit mit Brief und Siegel
Wer so baut, kann das sich das Ergebnis mit Brief und Siegel bestätigen lassen. Das DGNB-System fusst auf den drei zentralen Nachhaltigkeitsbereichen Ökologie, Ökonomie und Soziokulturelles. "In einigen Segmenten konnten wir die Anforderungen sogar übertreffen", sagt Christian Luft, der als Associate Partner bei Drees & Sommer die Auditierung begleitete.
Ökonomisch interessant: Nachhaltige Gebäude sind werthaltiger bei geringeren Betriebs- und Unterhaltskosten. Laut Christine Lemaitre führt dies wiederum zu einem besseren Markt- und höheren Wiederverkaufswert der Immobilie. "Nachhaltiges Bauen ist daher immer ein Werttreiber und kein Kostentreiber", fasst Lemaitre zusammen.
Der 20 Meter hohe und 70 Meter lange Neubau bietet auf einer Bruttogrundfläche (BGF) von rund 7.000 Quadratmetern Platz für rund 200 Mitarbeitende, einen grossen Konferenzbereich, eine Terrasse, eine Cafeteria und eine Kantine. Das Plusenergiehaus ist dabei mehr als ein blosser Verwaltungsbau, sondern dient auch als Demonstrationsobjekt für potenzielle Bauinteressenten.
HospitalityInside konnte sich von der Qualität des Gebäudes und seiner klimafreundlichen Bauweise und Effekte im März 2023 während eines Workshops im OWP12 - im Rahmen unseres eigenen Think Tanks für Nachhaltigkeit (HITT) selbst überzeugen. Hier gibt es weitere detaillierte Infos zum Gebäude sowie Video-Links. / kn