
The Chocolate on the Pillow hat einen romantischen Bezug zum amerikanischen Schauspieler Cary Grant. Für Ghotel heute ein Zeichen der kleinen, wohltuenden Gesten. Foto: Roland Fechter
Köln. Diese Story beginnt mit dem verstaubten Marken-Namen Ghotel und endet mit süsser Schokolade. Die Steilvorlage dazu hat der britisch-amerikanische Schauspieler Cary Grant gelegt: Während seiner Dreharbeiten in St. Louis lockte er seine Geliebte mit einer Spur aus Pralinen diskret in das richtige Hotelzimmer und bis zum Kopfkissen… The chocolate on the pillow. Jetzt legt der deutsche Owner-Operator Ghotel genau damit eine Spur zu ihrer neuen, internationaler angesetzten Dachmarke "The Chocolate on The Pillow Group".
Ein Manager des Mayfair Hotels St. Louis – heute das Magnolia Hotel St. Louis, A Tribute Portfolio Hotel von Marriott – hatte in den frühen 1950er Jahren von Grants romantischer Geste Wind bekommen und beschlossen, eine Praline auf dem Kopfkissen als Standard im Hotel zu hinterlassen. Die Hotel-Welt ahmte es nach, weshalb viele Gäste heute immer noch ein Schokoladentäfelchen, eine Praline, einen Keks oder ein Bonbon abends auf ihrem Kopfkissen finden.
"The Chocolate on The Pillow Group" soll jede Marken-Patina wegpusten und alles umkrempeln. Die Hotelmarke selbst hat bisher aber kaum jemand in Deutschland wahrgenommen. Geschäftsführer Erik Florvaag will jetzt "Change" – dem wachsenden White-Label-Operator ein neues Gesicht und Image geben.

Teil der Ghotel-Familie: das ibis Styles in München. Accor ist der grösste Franchise-Partner. Foto: Ghotel
Art-Invest kaufte Anfang 2020 die 1994 gegründete Gruppe aus den Hotels der Deutschen Post dem Private Equity-Unternehmen Aurelius für 63 Millionen Euro ab: ein Bündel aus über 20 Businesshotels, teilweise renovierungsreif, insgesamt aber profitabel. Ghotel Hotels fand man an 17 Standorten in Deutschland und Österreich, inklusive der Eigenmarken Ghotel hotel & living und nestor sowie der Franchisehotels unter Marken von IHG und Accor inklusive, alle im 3- bis 4-Sterne-Bereich.
Von Ghotel zum Multi-Brand-Operator
Nach der Übernahme durch Art-Invest hat sich die Ghotel-Gruppe über die zwei Pandemie-Jahre hinweg in der Zimmer-Zahl mehr als verdoppelt: Sie stieg seit 2019 um 78% auf aktuell 3.500 Zimmer. Aus dem Ursprungsportfolio liefen inzwischen vier Mietverträge aus: München-Pasing in 2020, zwei Häuser in München in 2020/21 und ein Haus in Bonn in 2022. Alle vier Hotels hatten weniger als 80 Zimmer und keine strategische Relevanz, erläutert Florvaag. Dafür kamen seit 2019 zwölf Hotels dazu, von denen das Gros Franchisehotels unter internationalen Marken-Namen sind.
"Wir möchten Ghotel künftig weiter als Multi-Brand-Operator in der DACH-Region positionieren, aber gerne eben auch als Unternehmen mit inhaber-geführtem Charakter", so Florvaag. Der Stil der neuen Hotels darf durchaus peppig und progressiv sein. Weshalb Florvaag hinzufügt: "Wir können unsere Eigenmarke als Test Lab nutzen".
GHOTEL-ERÖFFNUNGEN seit 2019 Sommer 2019 Osnabrück Herbst 2019 Bochum März 2020 ibis budget Bayreuth März 2020 ibis styles Bayreuth September 2020 Übernahme Pforzheim April 2021 novotel Düsseldorf April 2021 ibis Düsseldorf Juni 2021 moxy CGN Airport August 2022 moxy CGN Mülheim September 2022 ibis styles München Ende 2023 TRIBE Baden-Baden 2026 Hoxton Hamburg |
Nach aussen stehen unter der neuen Dachmarke The Chocolate on the Pillow Group damit die Eigenmarke Ghotel hotel & living und die Franchisemarken von Accor, Marriott und IHG. Alle Marken im Portfolio profitieren von der Dachmarke, die als Employer Brand klare Botschaften formuliert und die neuen Werte der Gruppe – verantwortlich, initiativ und unkonventionell – mit Leben füllt. Ausserdem werden Services für die Häuser weiter zentralisiert, digitalisiert und damit effizienter.
Offen für neue Hotels und Konzepte
Die Zukunft darf also viele Geschmacksrichtungen haben, wie Schokolade. Deshalb entschloss sich das Unternehmen, den Marken-Namen Ghotel – zunächst – beizubehalten und The Chocolate on The Pillow Group als Dachmarke zu plazieren. Es könnten noch andere Marken-Stränge dazukommen, eventuell auch durch weitere Übernahmen oder ausgedehntes Franchising. Das wollen weder Erik Florvaag ausschliessen noch Dr. Peter Ebertz, Managing Director und Head of Hotels von Art-Invest Real Estate. Ausserdem ist die agile Gruppe offen für innovative Konzepte.
Hinter beiden Firmen steckt zudem – als begleitender Stratege, Finanzier und Lieferant von Immobilien-Knowhow – der milliardenschwere Bremer Bau-Unternehmer Kurt Zech und seine Immobilien-Holding. Mit Hotels hat er Erfahrung: über die Atlantic Hotelgruppe mt ihren Upscale und Budget-Lifestyle-Marken und über die privat geführten Luxushotels der Marke Severin*s.
Schokolade als wohlschmeckendes Incentive mag jeder in dieser Unternehmensstruktur. Deswegen sorgt Kurt Zech trotz Milliarden, Millionen und anderen nackten Fakten dafür, dass alle Hotels in der Gruppe immer Emotionales und Empathisches ausstrahlen.

Kleine Gesten, alte Werte, ein neues Gefühl, ein geschätzter Gast zu sein. COTP konzentriert sich voll auf das Gastgebertum. Foto: Ghotel
Sehr starker Fokus auf die Mitarbeiter
Wie weckt man den Appetit auf eine neue Marken-Architektur, der noch Marken fehlen und die einen so ungewöhnlichen, schwer auszusprechenden Namen wie The Chocolate on The Pillow Group hat. Selbst abgekürzt klingt es kryptisch: COTP. Das könnte auch ein Kürzel für ein Medikament oder ein KI-Tool sein. Die Webseite www.cotp.group ist vor zwei Tagen live gegangen.
Allem voraus ging eine fundierte Konzeptionsphase mit einer spezialisierten Agentur, in der man sich selbst hinterfragt hat: Wo steht das Unternehmen? Was macht uns aus, welche Werte sind uns wichtig? Ganz wesentliche Fragen wurden gestellt: Welche Werte unserer Gesellschaft sind denn nach Corona überhaupt noch übriggeblieben? "Aus meiner Sicht sind viele Tugenden in der Pandemie verloren gegangen, die Menschen haben sich hinter Gremien, Prozessen oder anderem schlicht versteckt, eine Fassade aufgesetzt; es fehlt seitdem viel Vertrauen untereinander." Erik Florvaag hat das so empfunden. "Und der gute alte Handschlag zählt nicht mehr", fügt er bezogen aufs Business bedauernd hinzu.
Bei Ghotel installiert Florvaag die neue Abteilung People & Culture, um eine Unternehmenskultur zu fördern, die die zwischenmenschlichen Tugenden neu interpretiert. Es geht also darum, Werte zurückzuholen, sie täglich zu leben, mit allen – den Gästen, Mitarbeitern und Partnern. Der Arbeitgeber empowert vor allem seine Mitarbeiter, über alle Hotelmarken hinweg: Weil nicht mehr die höherwertige Bettdecke im Budget-Hotel zählt, sondern der Name des Gastes, der in diesem Zimmer wohnt.
Der Ghotel-Manager präzisiert weiter: "Wir schätzen unsere globalen Franchise-Marken und fügen den Brand-Standards an einigen Stellen einen Mehrwert hinzu. So hat die Organisation z.B. in Sachen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Guest Experience eigene Standards, die das Quentchen Mehr liefern. Dieses Quentchen wollen wir über die Dachmarke allen in allen Hotel-Strängen vermitteln. Die Mitarbeiter wollen den 'Purpose' sehen. Und wir wollen natürlich, dass auch die Franchisegeber wie die Investoren bei uns mehr sehen."

Die Mitarbeiter sollen entlastet und befähigt werden, Eigeninitiative zu entwickeln und Vorschäge einzureichen. Foto: Roland Fechter
Von den Werten zur Hospitality-Plattform
Das Mehr wurde sichtbar über 90-minütige persönliche Interviews mit Stakeholdern und in einer Online-Befragung der 650 Ghotel-Mitarbeiter, die auch Kommentare und persönliche Empfindungen notieren konnten. 200 Mitarbeiter machten mit. "Wichtig ist uns als Arbeitgeber, dass wir unseren Mitarbeitenden zeigen, wir nehmen sie und ihre Vorschläge ernst", führt Florvaag aus.
"Es wird in Zukunft noch mehr Teil unserer Strategie sein, den Mitarbeitenden einzubinden, zu befähigen und eigene Vorschläge umsetzen zu lassen. Wir wissen, dass nur zufriedene Mitarbeitende zufriedene Gäste hervorbringen können. Die Voraussetzung für einen reibungslosen Hotelbetrieb ist die Motivation und Bereitschaft eines beseelten Teams". Ghotel besass noch keinen klaren Markenkern, mit The Chocolate on the Pillow Group wird jetzt eine Identität formuliert.
Es fielen in den Befragungen viele Begriffe, beispielsweise "wertschätzend, transparent, offen, nahbar, familiär, persönlich, vielfältig, mutig, ambitioniert, umtriebig…" Qualität entsteht aus der inneren Überzeugung, aus Wissen, Sympathie und Kümmern und sie vermeidet Superlative. Genau so wie die kleine Tafel Schokolade für die vielen anderen kleinen Gesten, Taten und Aufmerksamkeiten steht, die oft grosse Wirkung haben.
Um die "begehrenswerteste Hospitality Plattform Europas" zu werden, wie es in der Marken-Präsentation heisst, muss also erst einmal ein ganz neues HR-Konzept her – u.a. mit mehr Benefits und begleitet von dem Gefühl, dass der Arbeitsplatz sicher ist. Die Mitarbeiter sollen wissen, welche Unternehmen und Marken hinter ihnen stehen und diesen vertrauen nach dem Motto "Bei denen weiss ich, dass sie in fünf Jahren noch da sind und ich nicht mit einem Konzern, sondern mit einem inhabergeführten Unternehmen rede".

Erik Flovaag stellt den neuen, selbst entwickelten Avatar vor, der ab 19. Juni im Ghotel Bochum beim Self-Check-in live geht. Foto: map
Der jüngste Mitarbeiter: ein Avatar
Für das neue Empowerment der Mitarbeiter plant Ghotel-Geschäftsführer für die nächsten drei Jahre ein Budget von rund einer halben Million Euro ein, durch das u.a. eine neue Kommunikationsplattform mit den Mitarbeitern etabliert werden soll, ebenso wie eine Software für ein optimiertes Personal-Management.
Um die Mitarbeiter stärker im Service zu halten und sie von anderen stereotypen Aufgaben zu entlasten, wird Florvaag in seinen Hotels künftig auch mit einem Check-in-Kiosk in der Lobby arbeiten. "Wir haben dafür einen eigenen und sehr innovativen Check-in entwickelt, bei dem ein Avatar den Check-In Prozess für den Gast digital begleitet. Hierdurch entlasten wir unsere Mitarbeiter und folgen unserem Digitalisierungs-Ansatz, diese um den Menschen herum zu bauen", verrät er und schaltet sein Tablet ein … Die Beta-Version wird derzeit weiter verfeinert, der Avatar wird noch etwas hübscher und beweglicher werden und könnte auch mal in ein anderes Dress schlüpfen. Ab 19. Juni soll der Avatar dann im Ghotel Bochum seine Arbeit live aufnehmen.
Der Avatar gehört definitiv zu den neuen magischen Kleinigkeiten, die Lust machen auf die neue The Chocolate on The Pillow Group. / Maria Pütz-Willems