Berlin. Die chinesische Plateno Group hat bereits das erste Hotel ihrer Marke 7 Days Inn im österreichischen Ansfelden bei Linz in Betrieb; das Hotel in Puch bei Salzburg soll noch im April öffnen. Europa will man nur selektiv angehen, gewünscht sind aber auch Partnerschaften – in beiden geographischen Richtungen. In Chinas selbst hat der Marktführer noch mehr Macht durch die Beteiligung von Jin Jiang bekommen, das Loyalty-Programm und WeChat haben sich zu einflussreichen Tools für die Kunden-Bindung entwickelt. Die Zahlen sind gigantisch.
Auf der Hotel-Konferenz, dem "ITB Hospitality Day", erläuterte Platenos Executive Director und Chief Financial Officer Eric Wu im Gespräch mit hospitalityInside-Chefredakteurin Maria Pütz-Willems die Strategie des chinesischen Hotelriesen und die Hintergründe für dessen rasanten Expansionskurs.
Die Plateno Group ist derzeit mit rund 2.500 Hotels in neun Ländern vertreten, mit den 500 bis 600 Häusern in der Pipeline kommt die Gruppe schon auf über 3.000 Hotels. 500 Hotels pro Jahr zu eröffnen, so Erich Wu, sei keine übermässig grosse Herausforderung. Seit zweieinhalb Jahren engagiert sich Plateno auch ausserhalb Chinas und unterhält seit einem Jahr ein Büro in Berlin. In Afrika ist Plateno ein Joint Venture mit einer Gruppe aus Südafrika eingegangen und wird ein Büro in Nairobi haben. Im Fokus der Expansion ausserhalb Chinas stehen derzeit Indonesien, Malaysia, Österreich, Frankreich, Kenia und Deutschland.
Plateno entstand im Jahr 2005 über die Marke 7 Days Inn in China. "Dieser Name wurde gewählt, weil die Zahl 7 einfach zu merken ist", so Wu. Die Hotels dieser Marke wuchsen sehr schnell, bereits nach vier Jahren zählte die Gruppe 300 Häuser und leitete ihren Börsengang in New York ein. 2013 erfolgte wieder die Privatisierung, bis zu diesem Zeitpunkt war 7 Days Inn die einzige Marke. Nach und nach gründete Plateno weitere eigene Marken, auch im Midscale und gehobenen Bereich, betätigte sich aber auch als Betreiber internationaler Marken wie Hampton by Hilton oder Barcelo, zudem ist sie 2014 eine Partnerschaft mit der österreichischen H12 Gruppe und aktuell mit der deutschen Marke Ameron eingegangen.
Das Plateno-Portfolio umfasst rund 18 Marken, die grösste Anzahl der Hotels befindet sich im Budget-Segment. Die Zusammenarbeit mit Ameron, so Wu, gehe über ein reines Master-Franchise Abkommen hinaus. Plateno unterstütze Ameron bei der Markt-Entwicklung in Asien, helfe aber auch dabei, die Marke neu zu definieren. "Ameron ist ein deutsches Produkt, dessen Qualität wir auch in China einhalten wollen", so Wu. In China unterhalte Plateno eine eigene Akademie für die Ausbildung von Fachkräften, in Übersee sei dieses Thema durchaus eine grosse Aufgabe. Deshalb stehe die Zusammenarbeit bzw. Partnerschaft mit Hotelschulen in der Schweiz ganz oben auf der To Do-Liste des Unternehmens. Grundsätzlich gelte für die Zusammenarbeit mit internationalen Marken, dass man deren Hotels auf den jeweiligen Markt abstimme.
Bettenfüller
Loyalty-Programm
Wu, der in den USA studierte und später bei PriceWaterhouseCoopers arbeitete, kam 2007 zu Plateno. Damals hatte die Gruppe 80 Hotels und war laut Aussage ihres CEO Alex Zheng die grösste Hotelgruppe Chinas. Bei der Expansion halfen der Gruppe die profunden Kenntnisse des CEOs und seines Managements im Bereich Digitalisierung. Zheng hatte vor der Gründung von 7 Days Inn für den chinesischen OTA Ctrip gearbeitet. Schon 2005/06 befasste sich die Hotelgruppe daher intensiv mit der Verbesserung der eigenen Buchungswege und des Loyalty-Programms. "Das Loyalty-Programm war von Anfang an unsere Kern-Kompetenz", so Wu. Zudem profitiere die Gruppe natürlich von der Internet-Leidenschaft der Chinesen. Das Kundenbindungsprogramm von Plateno zählt heute schon über 80 Millionen Mitglieder und liegt - im Vergleich - damit beispielsweise weit über dem von Marriott mit 54 Millionen Mitgliedern.
Die Eintrittsbarrieren in das Plateno Loyalty-Programm waren von vornherein niedrig, die Vergünstigungen verlockend. Schon bei der ersten Buchung kann man sich kostenlos eintragen lassen und dann Punkte sammeln, Rabatte kassieren oder von Leistungen wie z.B. spätem Auschecken profitieren.
In jeder Hotel-Lobby steht ein Computer, an dem alle anreisenden Gäste sofort in das Programm aufgenommen werden können. "Diese Computer gibt es noch, aber heute funktioniert das in der Regel über die Smartphone-App, weil jeder Chinese ein Smartphone hat", so Wu. Zum wichtigsten Tool dabei habe sich WeChat entwickelt. "Es hat eine Ähnlichkeit mit WhatsApp, aber viel mehr Funktionen und wird immer wichtiger, weil es so bekannt ist", so Wu. WeChat habe heute 600 Millionen Nutzer in China. Man könne heute darüber buchen, direkt Kontakt mit Unternehmen aufnehmen, es decke quasi alles ab, was das Internet zu bieten habe.
WeChat als Kanal für alles
40 Prozent der Buchungen auf dem eigenen Plateno-Kanal werden heute über WeChat generiert. "10 Millionen Followers habe unseren WeChat-Account unterschrieben", sagt Wu. 60 Prozent der weiteren Direkt-Buchungen erfolgten über das Internet. "Der Online-Markt ist der wichtigste Markt im Tourismus", so der Manager. Man versuche dabei stets, die eigenen Buchungsprozesse so verbraucherfreundlich wie möglich zu gestalten. Heute seien sie sehr bequem und einfacher als die der OTAs. Etwa 75 Prozent der Buchungen bei Plateno erfolge über die eigenen Kanäle, dabei vorwiegend online. Von den restlichen 25 Prozent kämen 11 Prozent über OTAs, der Rest seien Walk-Ins bzw. lokale Kunden. "Unser Call Center ist eher für Beschwerden oder Fragen da, aber nicht für Reservierungen."
In China, so Wu, liege die OTA-Kommission im Schnitt bei 15 Prozent. Bedeutende Vermittler dort seien Ctrip, Qunar und eLong. Bei Ctrip erfolgten 80 Prozent der Buchungen bereits über mobile Kanäle; das Unternehmen kontrolliere bereits 80 bis 90 Prozent des OTA-Markts. Zwar habe das chinesische Pendant zu Google, Baidu, versucht den Markt zu erobern, Ctrip dominiere aber nach wie vor und habe sich inzwischen sogar an Baidu beteiligt.
"Wir sind ein enger Partner von Ctrip und haben in einer gemeinsamen Aktion eLong und Expedia in China gekauft. Inzwischen hat Plateno auch ein Loyalitäts-Programm namens Plateno Travel eingeführt, das weitere reisebezogene Dienstleistungen einschliesst: "Es könnte unser bisheriges Loyalty-Programm ablösen, weil es mehr beinhaltet als nur ein Hotel", so Wu. Zudem könne man auch über das Programm auch Umsätze für andere Unternehmen generieren und damit Geld verdienen.
Über 69 Prozent der Mitglieder im Plateno Loyalty-Programm sind zwischen 18 bis 32 Jahre alt. "Wenn wir neue Marken im Economy bis Midscale lancieren, dann richten wir uns im Marketing an die jungen Leute", so Wu. Vor eineinhalb Jahren habe man die Marke "iu" eingeführt, die heute bereits über 100 Hotels zähle. Iu sei ein Internethotel, biete das schnellste WLan in der Region. Das Thema Ratenparität bezeichnete Wu als ein Problem für Einzelhotels oder kleinere Ketten, die es schwer hätten, dagegen anzukämpfen. "Mit unserem eigenen Vertriebskanal sind wir in einer definitiv besseren Position."
Einstieg in Europa mit Preisen ab 60 Euro
Von den Erfolgen im Heimatmarkt beflügelt arbeitet Plateno derzeit an der Einführung einiger Eigenmarken in Europa. Den ersten Schritt macht dabei 7 Days Premium, ein Hoteltyp im 3- bis 4 Sterne-Bereich zum 2 Sterne-Preis. Unter dieser Marke wurde bereits ein Hotel in Linz eröffnet, das laut Wu im Februar schon zu 100 Prozent ausgelastet gewesen sei. Plateno-Projekte gibt es darüber hinaus, wie erwähnt, in Salzburg, ferner in Frankfurt und Berlin.
Weitere Marken, die gestärkt werden sollten, seien ZMax, iu und James Joyce Coffeetel. Da Kaffeetrinken in Asien derzeit sehr trendy sei und alle jungen Leute mit Starbucks-Tassen in der Hand herumliefen, habe man ein Hotel für Kaffeetrinker kreiert.
Diese Beispiele unterstreichen die Kreativität Platenos in der Schaffung und Vermarktung von Mehrwerten für seine Gäste. In der Gründungsphase von 7 Days Inn, als die Heisswasser-Versorgung in China noch nicht überall reibungslos funktionierte, warb das Unternehmen z.B. damit, dass die Dusche innerhalb von 10 Sekunden heisses Wasser liefern würde. "Wir haben vieles beworben, das später zu einem Industrie-Standard wurde" so Wu, der dem Fachpublikum auch gerne einige Fakten und Daten zum wirtschaftlichen Konzept von 7 Days Inn lieferte.
Der Zimmer-Durchschnittspreis in Shanghai liegt demnach zwischen 200 und 280 Yuan, etwa 30 bis 40 Euro. In Europa starte man mit Einstiegspreisen von 60 Euro. Für die Marken im unteren Segment gibt es im Gegensatz zu den gehobenen Marken kein Revenue Management, sondern eher stabile Preise. Ein typisches 7 Days Inn-Zimmer hat 16 bis 17 Quadratmeter inklusive Bad, ein Hotel in Schnitt 100 Zimmer. Die Gesamtfläche inklusive der öffentlichen Bereiche beträgt 3.000 Quadratmeter. Es gibt dort keine Vollrestaurants, aber freies Internet und TV. Ein Hotel dieser Grösse beschäftigt laut Wu 16 bis 17 Mitarbeiter inklusive Housekeeping. "Wir haben ein Hotel-Betriebssystem auf Grundlage eines eigenen IT-Systems entwickelt, das effizienter ist als das von anderen", sagt er. Ein Schwerpunkt dabei sei die Reduzierung der Gemeinkosten.
Selektiv in Europa, Partner gesucht
Zur Expansionsstrategie ausserhalb Asiens sagte Wu: "Wir wollen nicht in jedes europäische Land. Der europäische und der chinesische Markt sind sehr verschieden." Zudem bestünden auch innerhalb Europas bekanntlich sehr grosse Unterschiede. Das Augenmerk liege daher auf Zentraleuropa, Österreich, Deutschland, Polen und Tschechien. Plateno geht bei der Expansion in fremden Ländern auch gerne Partnerschaften ein. "Wenn wir einen guten lokalen Partner in Europa finden, dann arbeiten wir mit diesem zusammen", so Wu. Auch aufstrebende Standorte oder B-Lagen seien interessant, ältere Hotels ebenso wie Neubauten. Man wolle flexibel sein und das Urteil der Eigentümer bei der Entscheidung einbeziehen.
"Wir freuen uns über einen offenen Dialog. Partnerschaften müssen für beide Partner einen Mehrwert schaffen", so Wu. Für die bisherigen fünf Projekte in Europa habe man Pacht-Verträge abgeschlossen, Immobilien-Eigentum sei weder in Europa noch in China geplant. In China schliesse man für neue Hotels bevorzugt Management-Verträge ab, es gebe aber auch dort aus der Historie heraus noch rund 500 Pacht-Verträge.
Im Umkehrschluss, gerade wegen der grossen Unterschiede der Märkte, schätzen europäische Hotelketten die Kooperation mit Plateno in China. Zu den grössten Unterschieden zwischen China und Europa befragt, sagte Wu: "Ich bin selbst etwa fünfmal in Europa gewesen und kenne den Markt deshalb nicht sehr gut. Allgemein ist der europäische Hotelmarkt - und darunter insbesondere der deutsche – aber sehr weit entwickelt. Es gibt klare Regeln und eine grosse Datenbasis. Die Renditen sind daher leicht berechenbar." In China ändere sich der Markt ständig. "Wir hatten dort Hotels mit 95 und 100 Prozent Auslastung, mittlerweile pendelt es sich teilweise bei 80 Prozent ein", so Wu und ergänzte: "Die Kunden in Europa wissen genau, was sie wollen. An diejenigen in China muss man die Hotels herantragen."
Noch mehr Macht mit Jin Jiang
Im Interview erklärte Wu auch die Beteiligung des staatlichen Hotel-Riesen Jin Jiang aus Shanghai an Plateno. Im September 2015 hatte dieser 81 Prozent von Plateno übernommen. Zudem übernahm Jin Jiang 2015 die französische Louvre Group und stieg gemeinsam mit dieser zur Nummer 5 der Welt auf und wird voraussichtlich bald die Nummer 3 in Europa sein. "Jin Jiang ist zwar staatlich, aber sehr wirtschaftlich orientiert", so Wu. "Es wird von der Regierung unterstützt und hat daher besseren Zugang zum Kapital. Vor allem in Shanghai und in Ost-China ist Jin Jiang sehr stark."
Zudem halte das Unternehmen 25 Prozent an Shanghai Disneyland und führe viele hochklassige Hotels in Shanghai, von denen einige zu den Plateno Hotels stossen sollen. "Wenn wir zusammen mit Jin Jiang mit den OTAs verhandeln, haben wir mit gemeinsam rund 6.000 Hotels eine ganz andere Power als alleine", führte Wu einen Vorteil dieser Fusion auf. Plateno bleibe aber ein unabhängiges Unternehmen, beteuerte er.
Auch zur aktuellen wirtschaftlichen Situation nahm Wu auf Rückfrage Stellung: "China steht vor wirtschaftlichen Herausforderungen, aber der Tourismus ist ein Wachstumsmarkt mit erwarteten zweistelligen Zuwächsen." Günstige Hotels hätten sich während der vergangenen eineinhalb Jahr etwas rückläufig entwickelt, chinesische Kunden orientierten sich nach Besserem. Das Segment 2 bis 3 Sterne erlebe deshalb Zuwächse. Die Marke Lavande z.B. verzeichne ein enormes Wachstum. China sei aber auch ein sehr grosses Land und je stärker der Markt dort sei, desto besser auch die Entwicklung. Shanghai beispielsweise habe sich während der vergangenen zwei Jahre sehr gut entwickelt, der nordöstliche Teil Chinas entwickle sich wirtschaftlich teilweise sehr schwach. / Susanne Stauss
Hier geht's zum Video dieser Talkrunde des ITB Hospitality Day 2016, in voller Länge!