Es dürfte spannend werden in den kommenden Wochen. Wird sie fallen oder nicht? Spätestens am Freitag, 17. November, werden wir es wissen, denn voraussichtlich am Donnerstag, 16. November, werden in der sogenannten "Haushaltsbereinigungssitzung" noch einmal wichtige Entscheidungen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages getroffen. Bekanntermassen dauern diese Sitzungen häufig bis in die frühen Morgenstunden. Es wird bei dem Milliarden-Geschacher um das Geld des Staates sicherlich auch um die Entfristung der Umsatzsteuer-Senkung in der Gastronomie gehen.
In der Sitzungswoche ab dem 28. November wird dann vier Tage lang debattiert. In dieser Debatte haben die Fraktionen die Möglichkeit, direkt im Bundestag Änderungsanträge zum Haushaltsgesetz einzubringen, über die dann direkt nach den jeweiligen Debatten abgestimmt wird. Nach dem Zeitplan des Bundestages soll am 1. Dezember dann über den neuen Haushalt abgestimmt werden. Soweit die Planung.
ZEW: Keine überzeugenden Argumente
Es ist aus diesem Grund wenig verwunderlich, dass sich etliche Protagonisten zum Thema Gastrosteuer noch einmal in Stellung gebracht haben. Einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Debatte trug Mitte Oktober das ZEW bei, das Leibnitz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Es zerriss die Argumente der Befürworter eines ermässigten Mehrwertsteuersatzes in der Luft.
"Mit dem Ende der Pandemie ist die ursprüngliche krisenbezogene Begründung für die Sieben-Prozent-Besteuerung von Speisen in Restaurants weggefallen. Die Erwartung, dass es bei einem Ende der Steuersubvention zu einem Preissprung in vollem Umfang der Steuersatzdifferenz kommt, ist nicht plausibel. Schliesslich hat die Branche trotz Steuerermässigung erhebliche Preissteigerungen durchgesetzt und die Preise für Strom und Gas sind rückläufig", erklärt Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft".
Weiter: "Im Ergebnis können die vorgebrachten Argumente für eine Entfristung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie nicht überzeugen. Die Post-Pandemie-Zeit mutet der Gastronomie wie anderen Branchen auch einen weiteren Strukturwandel zu, der keine Rechtfertigung für eine dauerhafte Subventionierung liefert", ergänzt Katharina Nicolay, Stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft".
Auch an der mangelnden Fachkräfte-Problematik, als Argument für die Beibehaltung des ermässigten Satzes, liessen die Wirtschaftsforscher kein gutes Haar. "Die deutsche Wirtschaft ist in der Breite und in allen Sektoren mit einem wachsenden Arbeitskräftemangel konfrontiert. Die Subventionierung ausgewählter Branchen ist für dieses umfassende Problem kein aussichtsreicher Lösungsweg", erklärt Friedrich Heinemann. "Es ist auch kaum nachvollziehbar, warum etwa der Arbeitskräftemangel in der Gastronomie für die deutsche Wirtschaft ein schwerwiegenderes Problem darstellen sollte als im Handwerk oder im Einzelhandel. Arbeitskräftemangel muss durch Massnahmen wie Bildungspolitik, eine zielgenaue Migrationspolitik und Arbeitsanreize im Steuer- und Transfersystem umfassend für alle Sektoren adressiert werden."
ZIA: Mehr Fairness für die Gastro
In der vergangenen Woche hatte sich hingegen der einflussreiche Zentrale Immobilienausschuss (ZIA), die Interessenvertretung der gesamten Immobilienwirtschaft, im Entwurf des neuen Wachstumschancen-Gesetzes, für den Erhalt der Mehrwertsteuer-Absenkung ausgesprochen. "Sieben Prozent Mehrwertsteuer leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt gastronomischer Vielfalt. Restaurants, Cafés, Bistros sind beliebte Treffpunkte und erhöhen die Attraktivität und Frequenz in den Innenstädten. Lebensmittel-Einzelhandel, Supermärkte und Tankstellen weiten ihr To Go-Angebot aus. Sie stehen damit klar in Konkurrenz zur Gastronomie. Da sorgt die reduzierte Mehrwertsteuer für mehr Fairness im Wettbewerb", so ZIA-Präsident Andreas Mattner gegenüber hospitalityInside.
Gestern haben noch einmal 17 Verbände von der AUMA bis zum Zentralverband des Bäckerhandwerks nachgelegt (sh. Grafik) und bauen den grösstmöglichen politischen Druck auf. "Es steht viel auf dem Spiel. Eine Steuererhöhung hätte fatale Folgen für Restaurants und Cafés wie Caterer, ihre Beschäftigten sowie für die Partner und Zulieferer der Gastronomie mit Millionen Beschäftigten. Mit einer Erhöhung auf 19% Mehrwertsteuer wären ab Januar 2024 Betriebsaufgaben und Insolvenzen vorprogrammiert", heisst es in der gemeinsamen Erklärung.
Inwieweit werden sich die Koalitionäre dem Druck beugen? Sie selbst sind sich nicht einig und die Staatskassen sind seit Corona und durch die vielen Krisen-Unterstützungen leer. Bleiben deshalb bald auch Restaurants und Cafés leer?