Nach dem jüngsten Protest gegen den jährlichen Touristenansturm auf Mallorca, der durch alle relevanten Medienkanäle sichtbar wurde, verspricht die Regionalregierung der Balearen den unzufriedenen Bürgern "mutige Massnahmen". Diese werde man schon in einigen Monaten ergreifen, beteuerte Vize-Regierungschef Antoni Costa diese Woche vor Journalisten in Palma. "Wir verstehen die Sorgen der Gesellschaft", erklärte Costa. Man müsse "Grenzen setzen", denn das Wachstumsmodell sei "unhaltbar".
Auch der mallorquinische Hotelierverband Federación Empresarial Hotelera de Mallorca (FEHM) äusserte nach dem Protest Verständnis für die Forderungen der Demonstranten. Die Vizepräsidentin der Organisation, María José Aguiló, kritisierte allerdings das aggressive Verhalten einzelner Kundgebungsteilnehmer, die Touristen mit Wasser bespritzt hätten. Zudem prangerte sie Schmierereien an Hotels und anderen touristischen Einrichtungen an.
Hoteliers sind auch Einwohner
Aguiló wies in einem Interview mit Diario de Mallorca darauf hin, dass einige der Parolen wie "Qualität statt Quantität", die die während des Protests gerufen wurden, mit den Grundsätzen der Hoteliers übereinstimmen. Gleichzeitig erinnerte sie daran, dass sich der Sektor für ein verantwortungsvolles Management dieser Branche einsetzt, wie z.B. den Schutz von Arbeitsplätzen, die Kontrolle des touristischen Angebots, die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs und das Recht auf Zugang zu Wohnraum.
"Wir respektieren bürgerliche Demonstrationen, wir verurteilen Vandalismus und illegale Aktivitäten jeglicher Art, und natürlich bieten wir, wie unsere Erfolgsbilanz zeigt, uns weiterhin für Massnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität der Einwohner einzusetzen, zu denen auch wir gehören", so die Vertreterin der Hoteliers den Medien gegenüber.
Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer der Kundgebung vom Sonntagabend auf 20.000. Die Veranstalter sprachen von 50.000, was von Beobachtern vor Ort aber als zu hoch gegriffen bezeichnet wurde. Menschen hielten Plakate mit Aufschriften wie "Your luxury, our misery" oder "Wir wollen nicht die Vorreiter beim Anstieg der Wohnkosten sein". Auf einem Schild wurden Billigflieger kritisiert. Nach Medienberichten klatschten einige Touristen in Palma sogar Beifall. Anderen sei die Kundgebung eher unangenehm gewesen, hiess es.
15 Urlauber auf jeden Einheimischen
Zu der Kundgebung aufgerufen hat eine Gruppierung namens "Weniger Tourismus, mehr Leben". Vor acht Wochen hatten bereits bis zu 25.000 Menschen in Palma unter dem Motto "Sagen wir Basta!" und "Mallorca steht nicht zum Verkauf!" demonstriert. Auch in anderen spanischen Touristen-Metropolen wie Barcelona sowie auf den Kanaren regt sich der Unmut.
Auf den Balearen, deren Hauptinsel Mallorca ist, leben knapp 1,2 Millionen Einheimische. Im vergangenen Jahr wurden sie von 18 Millionen Urlaubern besucht, davon 4,6 Millionen aus Deutschland und 3,4 Millionen aus Grossbritannien. Auf jeden Einheimischen kamen dort also ungefähr 15 Urlauber.
Für Mallorca ist der Tourismus überlebenswichtig. Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Aber Demonstranten klagen, dass nur eine Minderheit profitiere, während die grosse Mehrheit in dem Sektor niedrige Gehälter bekomme, die nicht reichten, um die immer teureren Wohnungen zu bezahlen. Zudem zerren Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Insulaner. / dpa, kn