Editorial

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Das grosse Schweigen
11.2.2021

Liebe Insider,

 

 

alle schweigen. Sie rätseln über die jüngsten Überbrückungshilfen, zählen still den Spielraum auf ihrem Konto und fürchten täglich um ihre Existenz. Ein paar Worte der Empörung keimen hoch von den Verbänden, aber sonst? Action? Sich wehren? Laut werden? Gestern fragte mich ein Tourismuspolitiker: Wieso kennt niemand in Berlin die wichtigen Hotelgruppen und die Köpfe dahinter?

Damit die Branche wieder gehört wird, habe ich spontan Dirk Iserlohe interviewt – weil er nach dem neuesten Fördermittel-Desaster namens Überbrückungshilfe III laut Klartext redet: Man rechnet mit dem Systemausfall der jetzigen Unternehmer … Wir sind ein Kollateral-Schaden … Wir sind ausgetrickst worden, wirft er der Politik vor. Lesen Sie das knackige Interview auf unserer Seite 1 und verteilen Sie es bitte an Ihre Politik-Freunde wie -Gegner.

Fast jedes Gespräch, das ich in den letzten drei Wochen geführt habe, begann oder endete mit dem Satz "Ich will jetzt auch nicht mehr". In diesen Worten steckt nicht nur die nervenzerreissende Anspannung der Unternehmer, sondern vor allem der Wunsch nach einem echten, ehrlichen Fahrplan. Die Regierungen geben den Hoteliers keine Öffnungsperspektive, weil ihnen jeder Praxisbezug fehlt. Deshalb wissen sie auch nach 12 Monaten noch nicht, welche Fördermittel den Hoteliers wirklich helfen.

Umgekehrt wissen Sie als professionelle Gastgeber sehr gut, wie die Gesundheitsregeln umgesetzt werden; sie sind schon lange gut vorbereitet. Jetzt brauchen sie nur noch Schnelltests. Fordern Sie sie ein! Sie sind der einzige Weg aus der Starre in eine kontrollierte Mobilität. Abwechslung im Lifestyle-Hotel, Essen und Trinken gehören schliesslich auch zu den Wohlfühl-Behandlungen im Leben, nicht nur Haareschneiden.

Die Analysen des Tourismus- und Hotel-Jahres 2020 spiegeln sich heute in mehreren Meldungen, konkrete Zahlen und Vergleiche inklusive. Dieses Frühjahr wird ein noch grösseres Drama werden als jenes in 2020.

Zur Aufmunterung heute: ein paar verrückte Wellnesstrends aus den USA und ein interessanter Artikel über die bevorstehende, erste virtuelle ITB in Berlin. Wer "geht hin"? Wie immer gibt es die Überzeugten, aber auch viele, die das Anonyme und die hohen Preise für einen Online-Auftritt scheuen. Die weltgrösste Tourismusmesse wandelt sich damit zum weltgrössten PR-Event. Weil das Format nicht für ernsthafte Geschäfte taugt. Die erste ITB auf dem Bildschirm ist das derzeit grösste Experiment im globalen Tourismus-Marketing.

Es sei essenziell, im Jahr 2021 den Tourismus zu retten, hat sich Europas grösster Leisure-Anbieter Pierre & Vacances Center Parcs auf die Fahnen geschrieben. Recht hat er, denn er will auch seine 45.800 Ferienwohnungen und -häuser aus der hausgemachten Finanzkrise retten. Ex-Accorianer Franck Gervais soll den Schuldenberg aus 350 Millionen Euro auflösen. Sarah Douag hat sich in die bisherige Strategie vertieft.

Liebe Hoteliers, wenn Sie weiter schweigen, werden Sie weiter nicht ernst genommen und ausgetrickst werden. Heute ist Freitag. Nutzen Sie den Frei-Tag zum freien Denken, zum Neu-Denken über Ihre eigene Rolle im Markt und wie Sie der Branche künftig eine lautere Stimme geben möchten.

 

Und am Schluss noch etwas Neues auf unserer Seite 1: Umsatz-Ausfälle in der Pandemie machen Miet- und Pacht-Zahlungen zum Dauerthema. Über Lösungen müssen die Vertragsparteien verhandeln. Für eine kostenfreie Ersteinschätzung aus juristischer Sicht haben die Anwälte der Münchner Kanzlei GvW Graf von Westphalen ein Tool geschaffen, mit dem Sie Ihre Miet- und Pacht-Reduktionen online checken können. Starten Sie das Banner auf unserer Homepage oder über diesen Link.

 

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Virus frisst Hirn
4.2.2021

Liebe Insider,

Israel und Dubai sind auf dem Weg zurück in den Alltag, dank grosser Impf-Anstrengungen. Sylvie Konzack hat sich dort umgehört und sieht auch: Schnelltests sind ebenfalls ein wichtiger Teil auf dem Weg in eine wiederbelebte Wirtschaft. Zur Wahrheit gehört aber auch dies: "Alle halten sich ohne Diskussionen an die Regeln", sagt eine Österreicherin in Dubai.

In Zentraleuropa tut man sich momentan noch sehr schwer mit dem Thema Testen. Warum eigentlich? Ich bin richtig sauer geworden auf die Politik, als ich diese Woche einem Wirtschaftswissenschaftler zuhörte, der vorrechnete, dass jede landesweit angelegte, konsequent durchgeführte Test-Strategie nur einen Bruchteil des 750-Milliarden-Aufbaupakets von der EU kostet.

 

Und noch schlimmer: Bleibe man bei der bisherigen Strategie, könnte nach Ostern ein neuer dritter Lockdown drohen. Das Institut für Deutsche Wirtschaft unterstützt die Test-Strategie: Ansonsten kostet eine Woche Stillstand wie im ersten Lockdown die deutsche Volkswirtschaft zehn Milliarden Euro pro Woche.

 

Aber wen interessiert schon das Volk? Seit zwei Wochen machen Pläne einer "No-Covid"- oder "Zero-Covid-Strategie" die Runde durch Deutschland: letztlich alles Stufenpläne zur Reaktivierung der jetzt geschlossenen Branchen. Was passiert? Drei Bundesländer springen auf – und jeder definiert seine eigenen Inzidenz-Grenzen. Es herrscht mal wieder NULL Einigkeit. Also werden wir in den 16 Bundesländern bald 16 verschiedene Modelle haben. Die Landesfürsten wiederholen ihre Fehler aus dem Beherbergungsverbot, das letzten Oktober zu Hysterie, Messe-Absagen und dem nächsten Lockdown führte, der bis heute anhält. Virus frisst Hirn.

Da sind mir handfeste CEOs sehr viel lieber. Weitsicht und Umdenken muss ihnen schon in die Wiege gelegt sein, sonst führen sie ihre Hotelgruppe nicht aus der Krise. "Wir alle müssen neu denken", sagt Stefan Leser, seit zwei Jahren CEO der asiatischen Langham Hospitality Group. Die war bisher immer profitabel und geht mitten in der Krise auf Shoppingtour: Europa ist ein weisser Fleck auf der Langham-Karte. Luxus aber hält man nur durch gute Mitarbeiter aufrecht. So pendelt Leser zwischen Hard- und Software und fragt sich – und seine Kollegen – im Luxusbereich selbstkritisch: "Hat das Hotel seinen Zweck erfüllt oder haben wir es uns nur schöngeredet?"

Unsere Ausgabe pendelt heute wieder zwischen den Perspektiven: Unter anderem verraten Reisende, wohin sie dieses Jahr noch in Europa reisen möchten; demgegenüber schaukeln sich die einzelnen Länder zwischen Öffnen und Schliessen hin und her nach dem Motto: Fahren wir jetzt nach Italien oder Frankreich zum Friseur?

Ob die Reisenden nun klassische Buchungskanäle à la Booking.com zugunsten lokaler Channels verlassen, bleibt nach einer Plattform-Analyse und zwei Experten-Rückfragen allerdings unklar. Die Ferienhotels jedenfalls wappnen sich – und so präsentiert Falkensteiner ein neues Family-Only Hotel in Südtirol, dessen Erlebniswelt sich über das langgestreckte Dach des Gebäudes zieht, inklusive ganzjähriger "Skipiste"! Ein neuer Superlativ und super-teuer.

Und wir pendeln wieder zurück zum Ernst des Alltags. Ein neues Urteil des Landgerichts München schafft wieder andere Fakten als beim letzten Urteil: Künftig sollen Betreiber kräftig Rücklagen ansparen und jede Krise selbst zahlen.

Es bleibt einfach lustig. Wie im Kindergarten.

 

In eigener Sache: Die Vorbereitungen zur Expo Real 2021 haben begonnen. Wer am Gemeinschaftsstand der World of Hospitality ausstellen möchte, sollte seinen Bedarf jetzt anmelden. Die Anmeldung ist vorläufig und dient nur der Ermittlung des Flächenbedarfs. Sprechen Sie mit Michael Willems und Anne Greisel.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Am Panik-Punkt. Umdenken!
28.1.2021

Liebe Insider,

einzelne Länder sind schon wieder dabei, die Landesgrenzen und dieses Mal auch Flughäfen zu schliessen. Die Virus-Mutationen müssen draussen bleiben. Und erst recht, weil es nirgendwo genügend Impf-Dosen gibt. Vor allem nicht im Chaosland Deutschland. Wir verlieren gerade unser gutes Image.

Das Pandemie-Missmanagement allerdings hält die Menschen nicht davon ab, weiter intensiv ans Reisen zu denken, wie Analysen zeigen – selbst nach dem Horror-Jahr 2020, das dem Tourismus einen 11mal höheren Schaden zugefügt hat als der Lehman-Crash 2009.

An diesem neuen Panik-Punkt ist es Zeit, mal radikal zu denken. Umzudenken. Wie gehen wir mit unserem anhänglichen Freund Covid um, wie lässt sich wieder frei leben? 13 Experten und Berater haben für Angela Merkel eine NO-Covid-Strategie entwickelt. Das Ziel: die Inzidenzen auf NULL drücken und virenfreie Zonen schaffen, "Grüne Zonen" – selbstverständlich abgeriegelt und rigoros kontrolliert – "nur" für ein paar Wochen …

Die Idee klingt überzeugend, die Kanzlerin findet sie auch gut. Aber kommt sie auch gut an, mitten in der Misere? Mitten im Überlebenskampf der Hotels, deren Konten leer sind? Und am emotionalen Tiefpunkt der Menschen, die nach über drei Monaten psychisch am Ende sind? Wir haben es beleuchtet, Prof. Christian Buer kommentiert es.

Und prompt kommt gleich wieder der erste föderale Staat um die Ecke, der seine eigene Anti-Covid-Methode entwickelt hat. Schleswig-Holstein prescht nach vorn, würde eine Stadt oder einen Landstrich aber schon bei 35 Inzidenzen für "Grün" erklären. Diese Ego-Trips sind wirklich unerträglich.

Wann endlich kommt Deutschland zu einer nationalen Lösung, wann endlich die EU zu einer einheitlichen? Die USA und China sind gross genug, um sich aus ihrem eigenen Binnenmarkt heraus zu erholen. Für Zentraleuropa ist das aber die EU, die Schweiz inklusive. Sperrt man die Grenzen, sperrt man die Binnenwirtschaft und killt sich selbst. Aktionismus statt Ratio, die Fehler wiederholen sich nach 12 Monaten.

 

Wir helfen heute nach. Neben Einheitlichkeit kann man das Virus mit Technologien bekämpfen: mit Super-Filtern, mit verlässlichen Schnelltests, mit Tags, die eine Virus-Ausbreitung in Gastro-/Hotel-Räumen aufspüren können. Es gibt Innovationen, von denen selbst Politiker nichts gehört haben. Wir erklären, warum diese so wichtig sind und stellen Ihnen drei Erfindungen vor – für alle lesbar vor unserer Paywall. Weil dieses Wissen JETZT zählt und genutzt werden muss.

Sarah Douag hat intensiv analysiert, welche Folgen der Brexit für die Hotellerie hat. Momentan zieht Covid-19 zwar die ganze Aufmerksamkeit auf sich, aber Hotel-Manager müssen über die Themse und über den Kanal Richtung Europa schauen. Risiken und Chancen sind erkennbar. Wyndham, IHG, Colliers und andere über das Reisen nach dem Brexit.

Unsere Meldungen drehen sich überwiegend um die EU-Beihilfen für die grossen, verbundenen Unternehmen, die die EU gestern nachmittag sogar noch auftstockte. Deutsche Hotel-Manager zeigen sich trotzdem vehalten. Auch die Schweiz freut sich über mehr Hilfen, aber ebenso sehr über eine veränderte Test-Strategie, die aus der Krise führen soll.

HospitalityInside hofft wie viele Menschen und Hoteliers auf entspanntere Monate, die wieder persönliche Kontakte erlauben. Deshalb schieben wir unseren Think Tank von Juni auf den 13./14. September. Da die Corona-Vorgaben eine Präsenz auf unserem bisherigen Event-Schiff in Berlin limitieren, haben wir uns für München entschieden! "An Land" können wir unter Corona-Bedingungen bis zu 50 Personen physisch begrüssen – und die ganze Welt virtuell dazu!

Notieren Sie sich bitte den Termin und das Thema: SUSTAINABILITY & DIGITALISATION: THE CHANGE DRIVERS. The Decade of Action: How Sustainability leads the agenda, how Digitalisation enables it. Ich bin mir sicher: Dieses Thema passt phantastisch in dieses Jahr! Detail-Infos kommen bald.

Und immer HospitalityInside lesen! Es lohnt sich.

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Zahlen zur Misere
21.1.2021

Liebe Insider,

die Abrechnung mit der Politik im Beitrag von Alexander Fitz, H-Hotels, letzten Freitag hat viele Kommentare generiert, auch auf LinkedIn. Trotzdem: Es gibt immer noch Leute, die die Hoteliers als Heulsusen diskreditieren. Diesen Menschen geben wir heute Fakten an die Hand, nicht von einem Hotel-Betreiber, sondern von dem Hotel-Investor Dr. Jörg Haas aus Bonn, dem 5 Hotels, 12 Gastronomiebetriebe, 2 Konferenzzentren und 5 Fitnessstudios gehören. Auch seine Gruppe leidet massiv. Deshalb hat er sich entschlossen, jede einzelne verfehlte Massnahme mit seinen eigenen Unternehmenszahlen offenzulegen.

Sein Fiasko der Finanzhilfen steht symbolisch für alle grossen, verbundenen Unternehmen. Es ist ein Drama, geeignet als steile Vorlage für eine Netflix-Serie… Jedenfalls macht das Desaster auch für Haas' Invite Group für das Jahr 2020 aus 5 Millionen Euro Gewinn nun 16 Millionen Euro Verlust.

Wir stellen auch diesen Artikel heute vor die Paywall, weil wir wollen, dass sich die Zahlen ins Gedächtnis inkompetenter Politiker einbrennen. Verteilen Sie diesen Artikel in all Ihre Kanäle bitte, vor allem zu Ihren Abgeordneten in Ihrem Kreis, die Ihnen und Ihren arbeitslosen Mitarbeitern künftig auf der Strasse begegnen werden.

 

In unserem Beitrag zu den Lockdown-Verlängerungen in Deutschland und Österreich beschäftigen wir uns noch einmal mit den Finanzhilfen, die in beiden Ländern erneut kein grösseres, verbundenes Unternehmen retten werden. Kleinere, schuldenfreie Familienhotels werden dank Coronahilfen vermutlich überleben – die international wettbewerbstaugliche, qualitativ hochwertige, kreative und professionell aufgestellte City-Hotellerie hingegen steht mit einem Fuss über dem Abgrund. Es sind immer noch die mittleren und grossen Ketten, in denen die Mehrheit der Firmen-Reisenden und MICE-Besucher absteigen!

Zentraleuropa sollte aufpassen: Andere Länder ziehen bereits an der Region vorbei. In Dubai hat Emirates Airlines diese Woche die Crews impfen lassen, zwei Hotelgruppen auch schon ihre Mitarbeiter und deren Familien-Angehörige. Im Rekord ziehen sie die Impfungen durch – weil sie Reisen ermöglichen wollen. Sie wollen BUSINESS!

 

Und was macht das grosse Deutschland? Jammert und labert weiter. Zentraleuropa wird selbst hinter den kleineren, dafür aber entscheidungsfreudigen und zielgerichtet agierenden Ländern massiv wirtschaftlich zurückfallen. Der Wettbewerb entscheidet sich jetzt, über das Impfen.

Richard Adam, unseren Lesern bekannt als kritischer Touristiker, hält heute ausserdem den schwerfälligen, satten Destination Managern den Spiegel vor: "Shutdown des alten Marketing" lohnt sich zu lesen.

Von Kempinski Hotels kann ich Ihnen fünf Wochen nach der Entlassung ihres CEOs nur wenig Neues sagen: Die Anwälte beschäftigen sich gerade mit der Ära Martin Smura. Es bleibt also spannend.

Mit diesen und weiteren bunten Meldungen zum Markt verabschieden wir uns in die letzte Januar-Woche. Ende Januar 2020 tauchten die ersten Covid 19-Fälle in Italien auf.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Mit dem Impfstoff aus dem Reality-Drama
14.1.2021

Liebe Insider,

das Gemütliche am Lockdown ist für die, die arbeiten, schon wieder vorbei. Alle Aussagen in der heutigen Ausgabe deuten in eine Richtung: 2021 wird turbulent. Die Stichworte sind Ihnen ja aus den Schlagzeilen-Bombardements vertraut: Mutationen, Impfstoff, Lockdown-Verlängerung, Einreise-Regelungen… Wir gehen tiefer, haben 15 CEOs und Top-Executives von führenden Ketten und kleineren Gruppen gefragt, welche Forderungen sie im aktuellen Corona-Chaos an die Politik haben. Viele haben kurz und knackig in Imperativen geantwortet, andere in Statements den Frust formuliert.

Einen Vorgeschmack gibt Ihnen allen der frei zugängliche Artikel auf unserer Seite 1: Alexander Fitz, CEO von H-Hotels, prangert unfaire Lockdowns, Novemberlügen, null Finanzhilfen, ignorante und unfähige Politiker an. Er spricht von totalem Versagen.

Die anderen sprechen in unserem Magazin-Artikel ebenfalls Klartext: "Die Politik soll endlich ihre Zusagen einhalten", fordert Motel One. "Stellt klare Regeln auf!" fordert Premier Inn. Antigentests fordert Falkensteiner… Die Forderungslisten sind lang, die Begründungen scharf. Die Kommentare spiegeln das Chaos rund um das politische Pandemie-Management.

Fitz packt es in diesen Vergleich: "Am 27. Dezember erhielten wir endlich 10.000 Euro Abschlagszahlung auf die Novemberhilfe. Das sind nur 83,45 Euro weniger als die Entschädigung für einen Bundestagsabgeordneten im Monat."


Unfähigkeit wird sichtbar werden – in Insolvenzen. Unsere Spezialanwälte, die im Oktober noch keinen Alarm auslösen wollten, lassen heute keinerlei Zweifel mehr daran, dass selbst grosse Gruppen auf sehr dünnem Eis stehen. Warum? Die Regierung hat mit ihren Gesetzesanpassungen die Unübersichtlichkeit nur noch gestärkt. Der Lockdown geht gnadenlos weiter, aber die Hilfen bleiben immer noch aus. Das wird jetzt die Insolvenzen vorantreiben. Das sage nicht ich, das meinen Anwälte!

Vienna House, unsere heutige Exklusiv-Meldung, zieht bereits die Reissleine: CEO Rupert Simoner verkauft 22 Pacht-Hotels an einen deutschen und einen österreichischen Hotel-Investor und -Betreiber: Hohe Schulden würden der Gruppe für die nächsten Jahre jede Flexibilität und Kreativität nehmen.

Wenn es einen "Trost" für frustrierte deutsche Hoteliers gibt, dann ist es der Blick in die europäischen Nachbarländer. Das Update unserer Korrespondenten für Italien, Spanien, Österreich, Niederlande und Frankreich macht richtig depressiv. Im schwer darbenden Italien kommen die Politiker in Null-Umsatz-Zeiten mit Steuergeschenken um die Ecke… Barcelona erwartet inwischen, dass 30% der Hotels für immer geschlossen bleiben… Lesen Sie, was seit Weihnachten passiert ist.

Das Licht am Ende des Tunnels ist zu sehen, aber der Tunnel ist wieder länger geworden. Durchqueren kann man ihn nur mit Impfstoff.

In all der Corona-Misere war in dieser Woche wenigstens das Impeachment von Donald Trump ein Silberstreif am Himmel – ein Omen dafür, dass sich jede Form von Übel besiegen lässt.

HospitalityInside jedenfalls ist angesichts solcher Reality-Dramen mehr denn je motiviert, auch 2021 Fake News von Ihnen fernzuhalten. Wir sprechen lieber direkt mit Ihnen und nicht über das Dark Net.

Und ich hatte auch mit meinem Chefredakteurskollegen Andrew Sangster von Hotel Analyst ein "Gespräch": Hören Sie rein in unseren Podcast über den Brexit und das Virus. Hier der direkte Link.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


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Vergessen, vertrauen und neu denken
17.12.2020

Liebe Insider,

der Lockdown in weiten Teilen Europas über Weihnachten und Silvester wird vielen gar nicht auffallen: Sie werden schlafen, spazierengehen und versuchen zu vergessen. Frische Luft reduziert das Stresshormon ebenso wie Körperklopfen die Emotion reguliert. Das sind nur zwei Tipps einer Psychologin, die Führungskräften heute sagt, wie sie ihr Stress-Level aus Corona selbst abbauen können. Interviewerin Bärbel Schwertfeger ist selbst Psychologin.

Satya Anand, seit November President EMEA bei Marriott, fühlt sich entspannter, seitdem der Impfstoff angekündigt wurde: "Die Menschen werden im Juni wieder reisen", ist er fest überzeugt. Er bleibt Optimist, auch wenn die Pandemie die grösste Hotelkette der Welt vor existenzielle Herausforderungen gestellt hat. Aber es geht weiter, mit rigorosen Kosten-Anpassungen und kleinen Erfolgen in der Operation, Schritt für Schritt.

Meilenstiefel scheint unterdessen Airbnb an zu haben. Der Börsengang hat dem Unternehmen letzte Woche eine Markt-Kapitalisierung von 100 Milliarden Dollar beschert. Die Aktie ist damit mehr wert als die von Marriott, Hilton und Hyatt zusammen. Milliardenschwer ist das Unternehmen heute, auf dem Konto hat es aber immer noch nichts. Das ist total verrückt. Und jetzt stilisieren die Börsen-"Analysten" die aufgeblasene Matratzen-Firma noch zum Tourismus-Retter, wie Sarah Doug analysiert.

Genauer hinzuschauen lohnt sich immer: Ein Rechtsanwalt beleuchtet die avisierte Gesetzesänderung rund um den § 313 BGB, der deutschen Mietern/Pächtern endlich mehr Rechte in der Diskussion mit den Eigentümern verspricht. Italienische Hoteliers wünschen sich eine ähnliche Anerkennung ihrer Nöte – und rufen ebenfalls nach dem einsichtigen Staat. Die Hoteliers auf den Kanaren sehen kaum noch Perspektive und keine hilfreiche Hand mehr vom Staat: Sie geben auf und treten die Wintersaison 20/21 in die Tonne.

Der Staat ist nicht immer die perfekte Lösung. Deshalb berichten Hoteliers, weshalb sie – anders als Novum Hospitality – keinen Kredit vom deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds haben möchten. Sie fordern handfeste Entschädigungen: Doch die Regierung hat auf den neuen Gutscheinen für weiter ausgedehnte Hilfsprogamme unterm Weihnachtsbaum nicht vermerkt, wann diese eingelöst werden dürfen.

Deshalb zerrt das Jahr an seinem Ende an vieler Menschen Nerven. Im emotionalen Auf und Ab kommentieren Hoteliers nüchtern ihre Überlebenschancen. Andere holen erneut Anlauf vor Gericht: Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Klage von sechs Hoteliers gegen die Verletzung ihrer Grundrechte abgewiesen hat, werden Rolf Seelige-Steinhoff, Hotelunternehmer aus Usedom, und seine Kollegen den Weg durch die Instanzen gehen.

Nur in der Serviced Apartment-Welt gibt es den Silberstreif am Horizont, ebenso wie die EU versucht, die Internet-Giganten zu zügeln.

Sehr viele Kommentare, nüchterne wie emotionale, gab es für unsere Berichterstattung über Kempinski Hotels letzten Freitag und per Breaking News am Montag. Es tut gut, wenn Qualitätsjournalismus gewürdigt wird. Es gibt Auftrieb für 2021.

HospitalityInside wird seiner Linie treu bleiben, die Diskussion suchen, kreative und offene Geister zusammenzubringen. Für Ihren Terminkalender: Unser HITT Think Tank 2021 wird am 21./22. Juni stattfinden, als virtuell/hybrides Event, dieses Mal mit dem Fokus "Digitalisation & Sustainability". Darüber hinaus sind etliche neue Projekte bereits weit vorgedacht.

"Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind," sagt Albert Einstein. Das sehen wir auch so. Wir denken einfach neu, gemeinsam mit Ihnen. Und vertrauen auf die Zukunft.

Liebe Leser, liebe Geschäftspartner – wir danken Ihnen herzlichst für 2020 – für alles. Bleiben Sie gesund!

Sie lesen uns wieder am 15. Januar 2021. Das Büro ist ab 11. Januar besetzt.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
& das gesamte hospitalityInside-Team


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Lockdown und Luxus: alles nur steinig
10.12.2020

Liebe Insider,

erschöpfte Hoteliers, weinende Mitarbeiter, hilflose CFOs und verzweifelte CEOs… Letztere bekommen immer noch keine Hilfe und können jetzt, im Dezember, rechtzeitig zum Weihnachtsfest, keine Gehälter mehr zahlen. Das sind die Bilder, die jetzt aufpoppen. Zehn Monate nach den ersten Infektionen schlägt das Virus nun Schneisen in die Gesellschaft, medizinisch, mental und sehr konkret. Gleichzeitig erwarten alle die erste Welle der Wirtschaftstoten. Dafür aber wird es bestimmt keine Statistik geben. Man muss ja auch keine Gräber für sie ausheben.

Lockdown, Lockdown, lock them down… Die Chaos-Strategien der Regierungen bekommen jetzt einen Rhythmus: Weihnachten, Silvester, Skifahren und Familienbesuche fallen einfach aus. Ausgangssperren sollen das Virus vom Weihnachtsbaum fernhalten. Und wenn danach die Infektionszahlen wieder in die Höhe schnellen. Und dann? Lockdown Nr. 4?

In Paris hat ein Gericht die Wiedereröffnung von Restaurants und Cafés abgelehnt, nachdem es zur Bewertung der Fälle in Frankreich die Daten einer Studie über die USA heranzog. Ein Skandal. Am 14. Dezember demonstrieren die Gastronomen in Paris. Die niederländischen Hoteliers sprechen inzwischen von Geiselhaft, schreibt Sarah Douag nach den jüngsten Entscheidungen dort. Und in Italien schränkt die Regierung von heute bis zum 15. Januar fast jede Mobilität ein. Die Italiener wagen es schon gar nicht mehr aufzumucken, sagt Massimiliano Sarti. Der Serien-Lockdown hat sie zermürbt.

Wir alle haben jetzt 10 Monate Pandemie-Erfahrung, und es ist an der Zeit, dem Bürger die Verantwortung zu übergeben, sagt Ingo Peters, Direktor des Fairmont Vier Jahreszeiten Hamburg, heute im Rahmen unseres Artikels über Luxushotel-Gruppen unter Corona. In den vier Sommer-Monaten hat er Super-Umsätze geschafft, nach Weihnachten sperrt er die Ikone an der Binnenalster ab, mindestens bis Ende Januar. Und alles ohne Perspektive: "Ich fühle mich wie amputiert".

Marc Dardenne, der COO von Accors Luxus-Divison, zu der Fairmont gehört, unterliegt ebenso dem Auf und Ab der Schliessungen – über alle Länder hinweg. Nur Food & Beverage, Spas und leidenschaftlicher Service verhelfen kurzfristig zum Erfolg… Er will, dass seine GMs wie Unternehmer denken.

Der Weg zum Erfolg ist für Luxushotels noch steinig und lang, ebenso für Konferenz-Hotels, die noch länger kein MICE-Business sehen werden. Yoram Biton, Geschäftsführer von Leonardo Hotels Central Europe, spricht offen über seine Herausforderungen mit über 80 Hotels im klassischen Midscale und Upscale-Segment. Mit den Kunden viel zu sprechen, kann Raten retten. Bei Eigentümern bleibt er hartnäckig: Nur Pachtstundungen gibt es bei ihm nicht – sagt er zumindest. Und weil die Politik nicht hilft, nimmt er sein Schicksal selbst in die Hand.

Der Weg von Kempinski Hotels ist auch nicht der einfachste. Mit der einst gross angekündigten Expansion hapert es, und jetzt muss CEO Martin Smura nach unseren Informationen den Deal mit dem strategischen Partner 12.18 rückabwickeln. Gleichzeitig will er künftig drei Top-Dorint Hotels managen. Doch auch das hat seine Tücken. Wir haben Hintergründe zu Schlagzeilen und Veränderungen im Stillen.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Schreie aus der Stille
3.12.2020

Liebe Insider,

am Wochenende kommt der Nikolaus. Nur nicht in die Kitas. Der dickbäuchige Mann mit dem Rauschebart soll draussen bleiben, in sein Gewand schlüpft die Erzieherin der Kinder… So praktisch denkt Bayerns Familienministerin. Da kichern die Kita-Kinder.

Der britische Entertainer Underbelly ist innovativ, er lässt den Weihnachtsmann per Zoom kommen. Am 23. und 24. Dezember können maximal sechs Kinder 12 Minuten lang mit Santa Claus sprechen. Die Elfen schicken danach die Aufzeichnung. Das macht 42 Pfund oder 46 Euro und bei 8 Arbeitsstunden ein Tagessalär von 1.680 Pfund oder 1.860 Euro. Holy Christmas!

Ich hätte da auch noch eine Idee: Was wäre wenn… überall in der EU die Gastronomen und Hoteliers am 17. Januar 2021 ihre Restaurants und Zimmer wieder öffnen? Genau das haben sich die niederländischen Restaurateure vorgenommen. "Wir haben nichts mehr zu verlieren", klagen sie frustriert und verlangen vom Staat: Wer zu 100% Schliessungen verordnet, muss auch zu 100% helfen!

Sarah Douag beschreibt heute die Branchen-Misere und das Politik-Chaos in Benelux. Ausserdem aktualisieren wir die Situation in Frankreich und in der Schweiz, ebenso wie das eisige Tauziehen ums Skifahren in den Alpin-Destinationen Österreich, Deutschland, Italien und Schweiz. Die Eidgenossen zeigen ebenfalls Mut: Sie verbitten sich jede Einmischung anderer Länder in ihren Wintersport, den sie aufrecht halten wollen.

Die Branche verfällt spürbar in Depression: Die November-Hilfen werden in Deutschland womöglich erst im Januar ausgezahlt werden. Bis dahin sind wieder ein paar Betriebe mehr pleite. Auch die jüngste Umfrage der Hotelleriesuisse zeigt: Die Zahl derjenigen, die sich einem immer höheren Insolvenz-Risiko aussetzen, nimmt deutlich zu. Unter den Unternehmern nimmt das Weihnachtsdrama seinen Lauf. Hoffentlich liegt unterm Tannenbaum das erste, positive Urteil des obersten Verfassungsgerichts.

Unsere Corona-Beiträge fassen Entwicklungen zusammen, wie jede Woche. Aber heute gibt es auch Non-Corona-Beiträge: Adagio-CEO Karim Malak berichtet über Aktuelles und Neues der Aparthotel-Gruppe, die zu Accor und Pierre & Vacances gehört. Accor selbst hat eine neue Webseite und Sparte für exklusive Villas angekündigt, ebenso wie seine Upscale- und Luxus-Marken künftig den Beinamen "Living" tragen werden. Ohnehin springen immer mehr Ketten auf den Serviced Apartment- und Living-Zug auf; unsere gebündelten Beispiele deuten bereits das Feld an, wo sich der nächste Preiskampf abspielen kann.

Eine Studie weist den Weg in die MICE-Welt 2021 und unsere "Digi News" beschrieben u.a. Robotaxis und selbstreinigende Türklinken. Choice ernennt einen CEO für Europa – ein Novum. Eine Investment-Firma will innovative Betreiber fördern, gut. Und Hoteliers auf den Kanaren stellen ihre leeren Zimmer Migranten zur Verfügung. Das wollen Kollegen verbieten; sie fürchten um den Ruf der Branche.

In diesem Jahr gibt es in Hotellerie und Tourismus keine besinnliche, friedvolle Weihnachtszeit. Nur Schreie aus der Stille.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Eine schöne Bescherung
26.11.2020

Liebe Insider,

nachdem in diesen Tagen immer mehr europäische Länder ihre pandemischen Weihnachts- und Winter-Experimente mit ihrer Bevölkerung offenlegen – und es ironischerweise "Strategie" nennen –, haben wir grosse Hotelgruppen und Kooperationen in Deutschland gefragt, ob sie ihre Häuser überhaupt noch öffnen oder ins neue Jahr hinein offenhalten möchten. Eine einheitliche Linie gibt es natürlich nicht. "Eine schöne Bescherung" ist es auf keinen Fall.

Unsere Korrespondenten haben in Frankreich, Italien, Spanien, Österreich und der Schweiz nachgefragt: Das Elend ist ziemlich gleich verteilt. Überall stehen Hoteliers und Gastronomen mit dem Rücken an der Wand. Die Gastronomie muss fast überall schliessen, genau so wie die Ski-Resorts in den Alpen. Hotels, die offen halten, werden nichts verdienen. Wer schliessen will, rechnet zuerst aus, was ihm mehr bringt: der eigene Umsatz oder die versprochenen Staatshilfen – sofern sie denn gezahlt werden. Fast jede Umfrage endet damit, dass das Geld noch nicht eingetroffen ist und die Insolvenzen sich folglich aufbauen.


Es gibt keine Strategie, nur wilde Verschärfungen und Drohungen: Fährt z.B. ein Bayer nur für einen Tag zu seinem Vergnügen über die Grenze nach Österreich, dann muss er bei seiner Rückkehr 10 Tage in Quarantäne. Wie will man das denn kontrollieren? Die Ministerpräsidenten der Länder wollen das Volk im verschärften Lockdown halten.

 

Kanzleramtschef Helge Braun sagte gestern sogar, der Lockdown könne bis März gehen… Bis dahin könnten die ersten Impf-Erfolge eingesetzt haben. Darüber spricht man aber nicht gerne laut in Berlin; das Kalkül mit dieser Hoffnung wäre das Eingeständnis für die eigene Unfähigkeit, die Krise zu managen.

 

Momentan würde man für viele Dinge eine Glaskugel benötigen – auch für einen Forecast 2021. Analytik-Unternehmen, IT-Profis und Revenue Management-Experten sagen, es funktioniert: mit Fokus auf das Wesentliche und im Team aus Mensch & Maschine.

Und was in China funktioniert hat, sollte auch in Europa funktionieren. Davon ist Christoph Mares, COO von Mandarin Oriental Hotels, überzeugt. Er erzählt, wie die Luxushotel-Gruppe bislang gegen die Pandemie angekämpft hat – u.a. mit viel Kreativität und Flexibilität. Diese beiden Themen heute zeigen Wege auf, machen etwas Mut.

Im Rechtsstaat Deutschland, auf den sich die Politik selbst gerne und immer wieder beruft, kann jetzt nur noch die dritte Gewalt im Staat die Stimmung heben. Die ersten sieben deutschen Hoteliers haben beim Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht: Sie wollen sich ihr Grundrecht auf die freie Berufsausübung erstreiten.

Es ist jetzt langsam genug mit der staatlichen Schikane, bei allem Respekt vor den Kranken. Gar nichts steht mehr in der Verhältnismässigkeit. Und wem will man überhaupt noch vertrauen?

Die Gesellschaft verändert sich, das Wirtschaftsleben auch. Noch mehr Home Office ist gewünscht, noch mehr Virtuelles geht schon fast nicht mehr für die Berufstätigen. Die ITB hat diese Woche ihr Programm 2021 vorgestellt: vier Tage Dauerfeuer via Bildschirm!

 

Demgegenüber hat Accor jetzt all seine losen Lifestyle-Marken in eine strukturierte Lifestyle-Divison im Konzern überführt – und wird von der Trend-Metropole London aus vermutlich drüber nachdenken, wie man diesen "Lebensstil" einem noch grösseren Publikum vermittelt – virtuell oder in Echt? In einem Jahr frage ich dann mal nach, wie viele ihren Cocktail aus Versehen in den Screen gekippt haben…

Im Dauer-Lockdown beginnen die Welten zu verschwimmen. Mit der VR-Brille auf der Nase kann ich jeder Depression zuvorkommen, indem ich alle 10 Minuten in eine neue Traum-Destination entschwinde, meinen Irish Pub oder meinen Italiener besuche... Ich werde auf der Couch die ganze Welt umarmen und meine vielen Bonuspunkte vom Display meiner mutierten Corona-App leidenschaftlich abküssen. Wenn ich brav mitmache und genügend Sozialpunkte gesammelt habe, darf ich bald wieder verreisen.

 

Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


Ihre Meinung? maria[at]hospitalityInside.com

Hospitality in Haft
19.11.2020

Liebe Insider,

die deutsche Regierungskoalition könnte 2021 viele Wähler verlieren. Per Gesetz kann sie nun in Pandemie-Zeiten u.a. Übernachtungen verbieten, einfach so. Hoteliers werden jetzt vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Diese schnell durchgepeitschte, diskriminierende Anpassung des Infektionsschutzgesetzes von diesem Mittwoch wird zum Test für die parlamentarische Demokratie.

In Leipzig durften 20.000 Querdenker legal demonstrieren, ohne dass die Polizei diesem Spreader-Spuk ein Ende machte. Dort dürfen Bürger ihre Grundrechte ausleben. Die Profi-Gastgeber folgen allen Vorschriften, an der Ausübung ihres Berufes werden sie aber gerade zum 3. Mal behindert. Von finanzieller Entschädigung ist auch keine Rede.

Die Branche muss allerdings auch lernen, sich zu wehren – frühzeitig, massiv, konstant und mit einer gewichtigen Stimme. Sie hat über diese skandalöse und historische Entscheidung jetzt nur ein bisschen in den Social Media geweint, blieb ansonsten still. Das kann so auch nicht weitergehen.

Jörg Frehse, Geschäftsführer von MHP Hotels aus München, Betreiber von vier Le Méridien Hotels in Top-City-Lagen, hat gerade den Vertrag für Frankfurt aufgehoben. Es ging um Pachten und Perspektiven. Das Interview mit Frehse zeigt, in welchem Dilemma bislang Betreiber heute stecken, selbst wenn man es schafft, jedes Umsatzrädchen fein zu drehen… Reichen 50% Belegung fürs Überleben als Stadthotel? Nein, sagt der Hotelier. Aber auch er gibt nicht auf.

Frehse fällt allerdings auch nicht auf lauwarme Versprechungen der Justizministerin rein, die diese Woche Hoffnung auf einen Anspruch auf Mietminderung machte. Doch die Juristen von GvW, die für uns verschiedene Urteile untersuchten, winken da eher ab: Das jüngste, positive Urteil des Landgerichts München sieht nach einem Ausreisser aus.

Nicht nur in Europa, auch in den USA hängen die Hoteliers an den Fäden der Regierung. Sarah Douag hat die Reaktionen nach der Wahl vom 3. November zusammengefasst: Die CEOs der Mega-Ketten und die Verbände fordern ebenfalls Geschlossenheit, einen richtigen Covid-19-Plan, die Stimulierung der Wirtschaft, Soforthilfen und warnen vor Arbeitslosen-Fluten. 100.000 Restaurants sind jetzt bereits in den USA geschlossen.

Wie Europa und China bislang durch die Pandemie gekommen sind, erläutert Macy Marvel in seiner Performance-Zusammenfassung. Trotz aller Tristesse gibt es beim EVHC Sentiment Report für Deutschland Lichtblicke, ebenso wie das Segment Serviced Apartments – in UK wie in Deutschland – weiterhin dem Virus trotzt. Und Preferred Hotels seine neue nachhaltige Marke vor, Beyond Green.

Aufmerksam verfolgen muss man in diesen Zeiten die eher unscheinbaren Betreiber- und Marken-Wechsel am Markt, die sich jetzt zu häufen beginnen. Da werfen einige Vorgänge Fragen auf; lesen Sie dazu unsere Recherchen zu Dorint, Brendal und Star Inn Hotels.

Auf in die nächste bewegte Woche, in der wir alle etwas bewegen sollten, zum Wohle der Branche.


Ihre Maria Pütz-Willems
Chefredakteurin


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