Stell Dir vor, die Plastikgeschirrflut in der Take-away-Gastro soll gestoppt werden und keiner macht mit. Die Notwendigkeit einer Wende von Einweg zu Mehrweg scheint bei vielen Betrieben auch nach drei Jahren noch nicht angekommen zu sein. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bewertet das seit 3. Juli 2021 gültige Verbot bestimmter Einweg-Plastikprodukte als weitestgehend wirkungslos.
Dies belegen stichprobenartige Tests der DUH in 20 Berliner Imbissen: In 70 Prozent der getesteten Läden wurden verbotene Einweg-Burgerboxen und -Plastikbesteck, Plastik-Strohhalme oder kunststoffbeschichtete Pappteller angeboten. Dies sei keinesfalls auf etwaige Restbestände zurückzuführen, denn diese müssten nach drei Jahren längst aufgebraucht sein.
Die DUH fordert die Vollzugsbehörden der Bundesländer auf, die Einweg-Plastikverbote zu kontrollieren und Verstösse konsequent zu sanktionieren. Sie können mit einem Bussgeld von bis zu 100.000 Euro bestraft werden. Zudem müsse die Nutzung von Mehrweg-Verpackungen durch finanzielle Anreize attraktiver gemacht werden, etwa durch eine Abgabe auf von der Verbotsregelung nicht betroffenes Einweg-Geschirr.
Illegale Importe aus Nicht-EU-Ländern
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: "Wenn Ordnungsämter das Verbot von Einweg-Plastikprodukten nicht ernst nehmen, dann tun es Imbissläden und Gastronomie-Betriebe auch nicht. Das zeigen unsere Testbesuche eindrucksvoll. Es ist dringend notwendig, die Einhaltung der Einweg-Plastikverbote zu kontrollieren und Verstösse konsequent zu sanktionieren. Der Verdacht liegt nahe, dass sich Händler illegal durch Direktimporte aus dem nicht-europäischen Ausland mit verbotenen Einweg-Plastikprodukten eindecken und diese weiterhin unbehelligt anbieten. Dieser unhaltbare Zustand muss schleunigst beendet werden."
Statt ökologischer Mehrweg-Alternativen werden zudem vielerorts Einweg-Produkte aus Plastik durch solche aus Papier, Pappe, Holz oder Aluminium ersetzt. Deren Umweltbilanz ist ähnlich schlecht wie die von konventionellen Einweg-Plastikprodukten. Um solchen Ausweichbewegungen entgegenzuwirken, fordert die DUH eine Abgabe auf Einweg-Geschirr von mindestens 20 Cent. Mit den Einnahmen sollten Mehrwegsysteme gestärkt werden, denn auch hier offenbart sich akuter Nachholbedarf.
Perfide: Fake-Mehrweg-Besteck
Besonders besorgniserregend ist laut DUH das zunehmende Angebot von Fake-Mehrweg-Besteck in der Gastronomie. Die Hälfte der von der DUH getesteten Imbisse boten dickeres Plastikbesteck als Mehrweg an – allerdings ohne Anreize zur Rückgabe und Wiederverwendung, wie ein Pfand.
Die Einweg-Kunststoff-Verbotsverordnung setzt Artikel 5 der EU-Einweg-Plastik-Richtlinie in nationales Recht um. Darin wird seit 3. Juli 2021 der Verkauf von Einweg-Plastikprodukten verboten, die besonders häufig an europäischen Stränden gefunden worden sind – wie Teller, Besteck und Strohhalme. Für den Vollzug sind die Länder verantwortlich. Haftbar sind Anbieter, welche die Produkte erstmals auf dem Markt bereitstellen.
Pilotprojekt mit Mehrwegbechern
Während die einen viel Energie auf das Umgehen von Verordnungen verwenden, konzentrieren sich konstruktive Projekte darauf, die Bereitschaft von Konsumenten zur Verwendung von Mehrweggeschirr zu prüfen. Werden entsprechende Angebote mehr genutzt, wenn die Rückgabe einfacher ist? Dies haben die Städte Mainz und Wiesbaden beim Pilotprojekt "Mehrweg Modell Stadt" getestet. Es startete im Juli 2023, unterstützt vom hessischen und vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium. Kunden konnten mehrere Monate lang Mehrwegbecher unterschiedlicher Systemanbieter bei allen Betrieben zurückgeben, die sich an der Aktion beteiligten. Zusätzlich wurden Rückgabesäulen aufgestellt.
Das Ergebnis: Die meisten Becher (87 Prozent) wurden wieder in den Betrieben und nicht an den Automaten im öffentlichen Raum zurückgegeben. 80 Prozent der ausgegebenen Becher wurden bei derselben Bäckereikette wieder zurückgegeben, 60 Prozent sogar in der gleichen Filiale. Dies zeigt, dass regionale Kreisläufe im Vordergrund stehen, regionale Unternehmen in besonderem Masse einbezogen werden können und für die Kommunen Ansatzpunkte für die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen bestehen.
Ist Hanf die Lösung?
Zudem gibt es nach wie vor globale Bestrebungen, umweltfreundliche Alternativen zu Plastik und Co. auf den Markt zu bringen und dafür länderübergreifend – bzw. über Kontinente hinweg – zu kooperieren. Eine strategische Partnerschaft haben das australische Unternehmen für Agrartechnologie, Wandarra, und Papacks aus Köln, ein Entwickler und Hersteller plastikfreier Verpackungslösungen (u.a. Hanf), angekündigt. Die Partnerschaft zielt darauf ab, die Verpackungsindustrie in Australien und im asiatisch-pazifischen Raum zu verändern und Kunststoff-Abfälle zu reduzieren. Unter anderem geht es bei dem Projekt um den Schutz wertvoller Ökosysteme wie dem Great Barrier Reef. / dpa, red