In der permanenten Feedback Schleife ITB Hospitality Day 2016 Zukunftsforscher über die flüssige Moderne

In der permanenten Feedback-Schleife

ITB Hospitality Day 2016: Zukunftsforscher über die flüssige Moderne

Junge Generation mit neuer Dynamik und neuem Werte-Empfinden.

Berlin. Alles fliesst in diesen Zeiten, aber der Strom ist reisserisch geworden… Mittendrin schwimmen die Digital Natives und Millennials und schwappen hinein ins Arbeitsleben. Ab 2020 ist jeder zweite Arbeitnehmer weltweit ein Digital Native. Ist das dann ein Vertreter dieser anspruchsvollen Generation, geboren gegen Ende des vorigen Jahrhunderts mit einem Super-Ego und mehr Ansprüchen als Leistungswillen? Andreas Reiter, Chef des Forschungsinstituts ZTB Zukunftsbüros in Wien, erklärte am "ITB Hospitality Day" im März, weshalb es nicht hilft, diese Generation heute zu ignorieren.

Eine hohe Dynamik und eine hohe Komplexität kennzeichnen bereits die "flüssige Moderne" wird, wie der Soziologe Zygmunt Baumann diese Zeiten nennt. Die Digital Natives reagieren auf diese komplexe Welt durch krasse Brüche, basierend auf den Veränderungen durch die Technologie und das Werte-Empfinden. Die Digital Natives sind bereits die Vorboten der Robotic Natives.

18 Milliarden Tools vernetzen die Menschen heute untereinander, in wenigen Jahren werden es bereits 50 Milliarden sein, prophezeite Andreas Reiter: "Dann spricht das Auto mit der roten Ampel!" Dann leben wir alle bereits im "Internet der Dinge", alle Daten über uns und von uns befinden sich in der Cloud, unsere Autos fahren selbst und alle von Wissen gesteuerten Jobs werden von Berufs-Nomaden erledigt. Der hybride Lebensstil hält Einzug.

Andreas Reiter: Raus aus der Komfort-Zone!

Die Digital Natives verändern den Mindset in der Gesellschaft und damit die Arbeitsplätze. "Alle leben in einer permanenten sozialen Feedback-Schleife", brachte es der Zukunftsforscher auf den Punkt. Informationen oder Wissen werden permanent geteilt, es zählt nur noch "Connectivity". Jeder gibt alles in den Kreislauf hinein – Kleider zum Tauschen, Werkzeug zum Ausleihen, Autos auf Abruf… Nicht der Besitz zählt mehr, sondern der Zugang dazu.

Alle 18 Monate Job-Wechsel

Lebenswerte verändern sich und lassen damit Arbeits- und Privatleben endgültig ineinander fliessen. Die Work-Life-Balance gibt es nicht mehr, alles blendet ineinander über. Ein Digital Native will dabei selbst bestimmen, was wer will. 95% von ihnen sagen, sie wollen Zeit mit ihrer Familie verbringen. Und wie sollen Unternehmen darauf reagieren? Karriere-Muster anbieten! empfiehlt der Forscher. Und das sollte von Anfang an der Fall sein, denn 44% erklären wohl, alle 18 Monate ihren Job zu wechseln, wenn sie ihre Ziele nicht erfüllt sehen, ihre Arbeit ihrem Leben keinen Sinn bringt. Geld interessiert sie kaum. "Sie wollen nicht in einer Komfort-Zone verharren", ist sich Andreas Reiter sicher, schränkt aber ein: "In späterem Alter kann sich dies vielleicht ändern".

Angesichts dieser Job-Nomaden werden Unternehmen agiler werden müssen und gleichzeitig zu kleinen Kern-Teams zusammenschmelzen; sie lagern Tätigkeiten an Netzerk-Partner oder andere Mikro-Unternehmen aus. Das ist Chance und Risiko zugleich. Denn die Forschung hat Digital Natives als sach-orientierte "Beta-Tiere", nicht als macht-hungrige "Alpha-Tiere" identifiziert und sagt deshalb gleichzeitig eine "serielle Monogamie" bei Jobs und Partnern voraus. In dem Masse, wie die Digital Natives ihrem Arbeitgeber null Loyalität entgegenbringen, suchen sie klare und sichere Strukturen – z.B. im öffentlichen Dienst. Der Job, wie gesagt, dient nur noch dem Lebensunterhalt, nicht mehr dem Leben.

'Der Medien-Konsum macht uns verrückt.'

Arbeiten und lernen in Häppchen

Für Digital Natives ist kritisches Denken ebenso wichtig wie kreatives. Nur so können sie Muster brechen und die Komplexität ihres Umfelds für sich selbst reduzieren. Allerdings: Lange konzentrieren kann sich diese Generation nicht mehr. Nur noch sieben Sekunden lang sei sie in der Lage, sich Videos anzuschauen. Die Konsequenz daraus klingt aus heutiger Sicht frustrierend: Wissen muss künftig – dem Niveau dieser Generation entsprechend – spielerisch vermittelt werden, in kleinteiligen Fragmenten.

Hier sah der Zukunftsforscher eine grosse Herausforderung der Hyper-Konnektivität: "Der Medien-Konsum macht uns verrückt … Wir haben nur noch einen Tunnelblick.." Und er stellt die Frage in den Raum, wie sinnvoll es sei, sich ausschliesslich von Algorithmen steuern zu lassen.

Die Lebensweise der Digital Natives jedenfalls klingt sehr "elastisch" – und wird so manches starre System von heute garantiert sprengen. / map


Hier geht's zum Video der Keynote am ITB Hospitality Day 2016, in voller Länge!

 

Verwandte Artikel

Trendsetter denken nicht nur digital

Trendsetter denken nicht nur digital

13.4.2016

Berlin. Innovationen in der Hotellerie stammten bisher oft aus dem Mittelstand, der intensiv im Kontakt mit Gästen steht und aus deren Anregungen oder Bedürfnissen Ideen entwickelt. Grössere Ketten arbeiten heute mit "Innovation Labs" und Trendforschern zusammen, um Gäste zu Fans zu machen. Entstehen so die Hotel-Konzepte von morgen und wie gross ist dabei der Einfluss der Technik und Digitalisierung? Eine Diskussionsrunde auf der ITB-Hotelkonferenz im März suchte nach Antworten.

Von allem mehr und immer schneller

Von allem mehr und immer schneller

7.4.2016

Berlin. Die chinesische Plateno Group hat bereits das erste Hotel ihrer Marke 7 Days Inn im österreichischen Ansfelden bei Linz in Betrieb; das Hotel in Puch bei Salzburg soll noch im April öffnen. Europa will man nur selektiv angehen, gewünscht sind aber auch Partnerschaften – in beiden geographischen Richtungen. In Chinas selbst hat der Marktführer noch mehr Macht durch die Beteiligung von Jin Jiang bekommen, das Loyalty-Programm und WeChat haben sich zu einflussreichen Tools für die Kunden-Bindung entwickelt. Die Zahlen sind gigantisch. Auf der Hotel-Konferenz, dem "ITB Hospitality Day", erläuterte Platenos Executive Director und Chief Financial Officer Eric Wu im Gespräch mit hospitalityInside-Chefredakteurin Maria Pütz-Willems die Strategie des chinesischen Hotelriesen und die Hintergründe für dessen rasanten Expansionskurs.

Den Kunden besitzen

Den Kunden besitzen

31.3.2016

Berlin. Im erbitterten Kampf um die Kontrolle ihres Vertriebs und vor allem um ihre Kundendaten haben selbst grosse Player in der Hotellerie in den letzten Jahren Boden an OTAs und Meta-Suchmaschinen verloren. Ja, die Hotels wehren sich, aber ist es nicht ein aussichtsloser Kampf? Während des ITB Hospitality Day brachte Moderator Wilhelm Konrad Weber, Partner von Swiss Hospitality Solutions, bei einer Podiumsdiskussion viele Themen zur Sprache und hatte zudem zwei gesprächsfreudige Gäste: Terri Scriven, Industry Head of Hospitality bei Google UK, und Peter Verhoeven, Managing Director EMEA bei Booking.com. Beide erklärten, wie dynamisch und aufregend die Reisewelt sich entwickelte und wiesen zugleich darauf hin, dass nun auch viele neue Player mitmischen würden, die das Marktgefüge durcheinanderbringen. Konsolidierungen, Übernahmen, Innovationen, Störfaktoren und vieles mehr – die Vertriebslandschaft entwickelt sich und gleichzeitig auch die Mentalitäten und Erwartungen der Verbraucher. Wer ist also am besten geeignet, die Kunden für sich zu gewinnen?

Roboter? Fürchterlich, aber nützlich

Roboter? Fürchterlich, aber nützlich

17.3.2016

Berlin. Selten wurde ein Diskutant im Rahmen des "ITB Hospitality Day" während der ITB Berlin so bestürmt wie Mario. Am liebsten hätten sie den 57 cm "grossen" Roboter mit den schalkhaften Augen geherzt, doch zumindest aufs Foto wollten Mario alle bannen. Diskussionsstoff über Roboter und ihren Einfluss auf die Arbeitswelt gab es reichlich – mit der nüchternen Erkenntnis, dass die programmierten Wesen in der Hotellerie schneller Einzug halten können als man denkt. Fred Fettner fasst zusammen.

{"host":"hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","accept-encoding":"gzip, br, zstd, deflate","x-forwarded-for":"3.139.70.69","x-forwarded-host":"hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"17fef66d9534","x-real-ip":"3.139.70.69"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1