Starke Marke oder keine Marke 7 ITB Hospitality Day zu brands Hoteliers definieren sie für ihre Welt

Starke Marke oder keine Marke

7. ITB Hospitality Day zu "brands": Hoteliers definieren sie für ihre Welt

Eine Interbrand-Analyse der Profile von 40-50 Hotelgruppen ergab diese Wort-Wolke - lauter austauschbarer Begriffe.Grafik: Interbrand

Berlin. Westliche Marken erobern seit Jahren Asien, jetzt blasen die Asiaten zum Gegenzug. Wird das Marken-Chaos damit perfekt, wie viele Marken braucht die Welt? Darüber diskutierten Experten der chinesischen Jin Jiang Hotelgruppe und vom westlichen Platzhirsch Marriott Hotels beim 7. "ITB Hospitality Day", der Hotelkonferenz der ITB. Die einleitende Key Note dazu hielt Cassidy Morgan, CEO Central and Eastern Europe bei der weltweit agierenden Markenberatung Interbrand. Er hinterleuchtete die Marke aus ihren Kern-Anforderungen heraus und wie sie heute im digitalen Kontext stark werden kann. Doch es zeigte sich: Die Hoteliers leben in ihrer eigenen Unternehmens-Marken-Welt.

"Marken können das Leben verändern!", so Cassidy Morgans Anfangs-Statement: Coca-Cola, Google und das iPhone sind solche starken Marken. Und in der Hotellerie "ist alles eins!", Hotels haben kein Profil, so die folgende Feststellung. Interbrand hat über die Bildung einer "Word Cloud" zwischen 40 und 50 Hotelgruppen herausgefunden, dass alle die gleichen Begriffe verwenden. "Nur Ritz-Carlton hat es geschafft," sagte er, "und das Eishotel in Schweden."

Etwas Schlimmeres könne es nicht geben, als sich in nichts voneinander zu unterscheiden, so der Marken-Experte. Wo ist also die Geschichte der Marke? Nur sie biete den Schutz des Wertes. Morgan listete dazu vier interne und sechs externe Kriterien auf, die jedes Unternehmen einhalten sollte, darunter Werte und Standards wie Klarheit, Reaktionsfähigkeit, Authentizität, Markt-Relevanz, Differenzierung…

Hotel-Gruppen definieren Marken nach Nischen. Es diskutierte beim 7. 'ITB Hospitality Day' Moderator Gerhard Fuchs mit Bernold Schroeder von Jin Jiang, Osama Hirzalla von Marriott Hotels und Cassidy Morgan von Interbrand.Fotos: map

Zudem betonte Cassidy Morgan die zunehmende Bedeutung des "digitalen Raums", die Marken verändere und stark mache. Coca-Cola spiele perfekt mit den Social Media - dabei verkaufe man nur Zuckerwasser. Burberry sei bekannt gewesen als "Trenchcoat für alte Leute", die digitale Vitalisierung habe nun die Kundenbindung erhöht und die Hemmschwelle zum Laden-Besuch gesenkt. Wer es richtig mach, hole den Kunden zurück und dieser zahle dann auch gerne mehr, fasste er zusammen.

Die "Customer Journey" ist längst nicht mehr linear, und die Beziehung zum Kunden fängt schon vor der Anreise an und nicht bei der Frage, ob der Aufenthalt in Ordnung war… Seine provokative Frage am Anfang wie am Schluss war die gleiche: Ist Ihre Marke in der Lage und stark genug, die Welt zu verändern?

Marken-Ziel: Jin Jiang für alle

In der folgenden Talkrunde, in der Cassidy Morgan ebenfalls teilnahm, traf dieser dann allerdings auf recht selbst-überzeugte Hotel-Marken-Vertreter, an denen die grundsätzliche Interbrand-Kritik ganz offensichtlich abprallte. Nur der Jin Jiang-CEO differenzierte, Marriott gab sich extrem selbstbewusst und allwissend.

Den Namen Jin Jiang kannten im Plenum des ITB Hospitality Day 2012 vermutlich nur wenige. Doch das soll sich ändern. Die grosse chinesische Gruppe streckt ihre Fühler nach Westen aus. Mit der spanischen Hotel-Gesellschaft Meliá verbindet sie bereits eine intensive Zusammenarbeit. Mittelfristig strebt Jin Jiang-CEO Bernold Schroeder aber auch die Einführung eigener Marken an.

Cassidy Morgan während der Key Note. 

Das dürfte westliche Kunden nur noch mehr verwirren, Chinesen aber das Reisen erleichtern. Schroeder: "Die meisten Länder der Welt haben regionale Marken. Die Reisenden freuen sich, wenn sie diese Marken woanders vorfinden. Das gilt auch für China. Wenn Chinesen international reisen, freuen sie sich über Hotels, die ihnen ein Heimatgefühl vermitteln."

Deswegen habe sein Unternehmen die Marke Jin Jiang eingeführt und werde weitere auf anderen Segmenten folgen lassen. Und ihr Bekanntheitsgrad werde sich entwickeln. "Der Tag wird kommen, an dem Gäste zu einem Jin Jiang Hotel fahren", ist Schroeder überzeugt. Langfristig könne er sich auch ein Jin Jiang Hotel am Berliner Ku’damm vorstellen. Doch gut Ding will Weile haben: "Es wird fünf bis zehn Jahre dauern, eine Marke für China aufzubauen. Wir haben deshalb noch keine Auslandsstrategie entwickelt. Wir orientieren uns noch am heimischen Markt. Erst Ende 2013 werden wir Pläne machen, die darüber hinausgehen", so Schroeder.

Hotel-Marken befriedigen nur Nischen

Markenberater Cassidy Morgan, CEO Central and Eastern Europe bei Interbrand, sieht die Marken-Vielfalt der Branche eher skeptisch: "Menschen kennen den Unterschied nicht. Anstatt eine grosse Marke zu kreieren, wurden viele kleine Nischen-Marken für verschiedene Zielgruppen geschaffen", sagte er. Osama Hirzalla, Vice President Brand Marketing and eCommerce Europa bei Marriott International, bestätigte: "Wir haben 15 verschiedene Marken. Wir passen die Marken den Märkten und den Kundengruppen an." Allerdings differenzierten die Marken in der Regel etablierte Kernmarken. "Bei den Marriott-Marken gibt es keine Überlappungen", betonte er.

Osama Hirzalla.

ofür braucht ein Hotel überhaupt eine Marke? "Sie muss für den Eigentümer die Wertschöpfung erhöhen", erklärte Hirzalla. "Eine Marke wie Marriott gibt dem Eigentümer Sicherheit", unterstützte ihn Schroeder. Aber: Ein kleines Boutique-Resort könne aber auch ohne Marke existieren. "Franchise ist eine gute Messlatte dafür, was eine Marke bringt", riet er.

Als sehr gelungen bewerteten die Experten die Expansion von Kempinski im Ausland. "In Asien hat Kempinski einen grossartigen Job gemacht", so Schroeder. In den Häusern werde alles angeboten, was In- und Ausländer an Deutschland lieben: ein Paulaner, ein Café Kranzler und deutsche Zeitungen. "Kempinski hat es geschafft, für sich zu stehen und sowohl die lokalen als auch internationale Gäste anzusprechen", pflichtete Morgan bei. Auch Starbucks gelte als sehr erfolgreiche internationale Marke im Gastgewerbe. Bei gleichem Namen unterscheide sich aber das Angebot eines Starbucks in Tokio sehr von dem eines Starbucks in Westeuropa.

Marken passen nicht überall hin

Woran man denn den Wert einer Marke messen könne und was es koste, eine Marke aufzubauen und mit ihr zu expandieren, wollte Moderator Gerhard Fuchs, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Marketingfuechse, wissen. "Ist es in Social Media-Zeiten preiswerter geworden, eine Marke aufzubauen als früher? Ich habe Informationen, nach denen es 35 Millionen Euro kosten würde, ein neues Joghurt im deutschen Markt zu etablieren," sagte er.

Eine klare Antwort wollte oder konnte ihm darauf niemand liefern. Der Wert einer Marke müsse unter vielen Gesichtspunkten betrachtet werden, argumentierte Hirzalla. Dazu zählten die Mitbewerber, der Markt und die Kontinuität. "Das Joghurt-Beispiel hinkt", entgegnete Schroeder. Marken wie seine entwickelten sich langsam gemeinsam mit dem Eigentümer.

Gerhard Fuchs.

Grundsätzlich stelle sich eher die Frage, was es den Eigentümer koste, eine Marke an seinem Haus zu haben und was diese ihm an Mehrwert bringe. Dabei wies er auf die Schwarzwälder Luxus-Gourmet-Resorts Traube-Tonbach und Bareiss in Baiersbronn in: Sie hätten einen Stammgäste-Anteil von mehr als 70 Prozent, weil ihre Eigentümer sich persönlich um die Gäste kümmerten. "Marke wird manchmal überbewertet. Wenn das Haus schlecht geführt wird, nützt die besten Marke nichts", glaubt Schroeder. Auch halte er es für wichtig, dass externe Betreiber in der einen oder anderen Weise in den Erhalt der Immobilien involviert seien. "Marken-Aufbau ist eine Frage der Disziplin", erklärte er.

Marriott-Marken sollen Sicherheit vermitteln

"Der Kaufprozess hat sich verändert. Marketing war früher wie ein Trichter. Je mehr ich oben reingeworfen habe, desto mehr kam unten raus", erläuterte Morgan. Dies habe sich angesichts der vielfältigen Vermarktungsmöglichkeiten und sozialer Medien verändert. Wer heute bei Google "Luxushotel in Berlin" eingebe und dort verschiedene Marken angezeigt bekäme, würde zunächst in seinem digitalen Ego-System nach Bewertungen fragen. "Menschen entdecken zwar gerne Neues, aber mit einer gewissen Sicherheit", so der Marken-Fachmann.

Genau diese Sicherheit will Marriott Kunden und Eigentümern vermitteln. Als "lockerste" Anschlussmöglichkeit für Individualhotels habe die Gruppe vor wenigen Jahren die Marke "Autograph Collection" eingeführt. Ihre Mitglieder erfahren die Vertriebsvorteile des Marriott-Systems, auch im Bereich eCommerce. Marriott selbst erschliesst sich auf diese Weise Standorte, an denen eine Neuentwicklung zu kostspielig wäre.

Bernold Schroeder.

Weiter entwickelt werden bei Marriott nicht nur "soft brands" wie Autograph, sondern auch erfolgreiche US-Marken. Nach einem vor Jahren eher zögerlich erfolgten Start von Courtyard by Marriott in Europa will die Gruppe den Markt damit jetzt neu aufrollen. "Wir haben Courtyard dafür auf andere Märkte abgestimmt. Das frühere Zimmer war zu teuer. Wir mussten das Produkt verändern, um damit zu expandieren. Die Theorie, dass ein Modell überall passt, funktioniert nicht mehr", so Hirzalla. Soziale Netzwerke und der Status einer Marke in Netz gewännen zudem immer mehr Einfluss auf die Mitarbeiter-Akquise. "Wir müssen die jungen Menschen mit der Sprache ansprechen, die sie selbst sprechen. Wir müssen auf ihr Kommunikationslevel herunter kommen. Dafür geeignet sind genau die Apps und die sozialen Netzwerke, die sie selbst benutzen," zeigte sich der Marriott-Manager überzeugt.

Gegen Ende der Diskussionsrunde richteten sich noch einmal alle Blicke nach Asien. Sowohl Moderator Fuchs als auch Podiumsteilnehmer und Gäste wollten von Schroeder Tipps für den Umgang mit chinesischen Gästen erfahren. "In den chinesischen Hotels gibt es viele kleine private Räume. Kein Chinese sitzt gerne in einem vollen Restaurant, wo er gesehen wird", sagte dieser. Zudem wünschten Chinesen einen Room Service und keine Minibar. Sie pflegen andere Sauna-Sitten, erwarteten einen Wasserkocher auf dem Zimmer und mindestens einen Mandarin sprechenden Mitarbeiter an der Rezeption. Grundsätzlich reisten Chinesen in 3- bis 5 Sterne-Hotels. "Wer wirklich an chinesischen Gästen interessiert ist, muss eine Verbindung zum chinesischen Markt aufbauen", liess Schroeder wissen. "In China ist alles Beziehung." / sst, map

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