Hunger auf Karriere 7 ITB Hospitality Day HR Panel zeigte Kluft zwischen Branche und Anspruch

Hunger auf Karriere

7. ITB Hospitality Day: HR-Panel zeigte Kluft zwischen Branche und Anspruch

 

Die Experten appellierten an die Studenten, diese kritisierten die Arbeitgeber… Auf der Bühne diskutierten Manuel Konen, Moderator Hartwig Bohne, Katrin Melle und Robert Wetterauer.

Berlin. Ungeduldige, karriere-hungrige Nachwuchs-Hoteliers forderten die Teilnehmer der Talkrunde "War for Talent: Die Massen-Flucht aus der Hotellerie" am Schluss mit ihren Fragen heraus. Die Diskussion beim 7. "ITB Hospitality Day" liess erkennen: Um den allseits befürchteten Massen-Exodus aus der Hotellerie zu verhindern, müsste sich mehr verändern als derzeit sichtbar ist. Die Experten jedenfalls empfahlen dem Nachwuchs den branchenüblichen Mix aus Studium und Praxis, erweitert um betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Auslandserfahrung. Unklar blieb, ob die Absolventen von Hotelfachschulen und Fach-Universitäten auch ausschliesslich der Branche treu bleiben sollten.

Manuel Konen.

Die meisten Absolventen wollen Manager werden, nahm Katrin Melle, Director Human Resources bei Hyatt International für Europa/Afrika/Mittlerer Osten, vorweg. "Doch dazu braucht man eine fachliche Kompetenz und die Fähigkeit, Menschen zu führen, gepaart mit einem betriebswirtschaftlichen Knowhow," fasste sie aus Sicht eines Arbeitgebers zusammen. Manuel Konen, Vorstand bei Konen & Lorenzen, einem international aufgestellten Unternehmen für Recruitment, empfahl dem Nachwuchs allein schon unter Wettbewerbskriterien "zwingend" einen Auslandsaufenthalt - "über Europa hinaus, im Mittleren Osten und in Asien, am besten in jungen Jahren." Mehrfach sprach er den jungen Leuten Mut zu, Urlaub zu opfern, um beispielsweise zu einem Vorstellungsgespräch nach Hongkong oder Singapur zu fliegen.

Aus Sicht der akademischen Ausbilder riet Robert F. Wetterauer, Präsident von Eurochrie, einem europäischen Hochschul-Verbund von 1.300 Universitäten, Fachhochschulen u.a. mit Studiengängen im Tourismus-, Hotel- und Event-Management, sich schon sehr früh zu überlegen, wo man in fünf oder zehn Jahren sein wolle. Im Ausland allerdings, so sagte er, seien die Universitäten/Hochschulen in Sachen Akademisierung und Forschung wesentlich fortschrittlicher als Deutschland, wo jetzt immerhin BWL-Kenntnisse vorausgesetzt würden. Er forderte die akademischen Institutionen auf, sich in Praxis und Forschung stärker zu vernetzen.

Student muss sein Ziel kennen

Robert F. Wetterauer.

Moderator Hartwig Bohne, Inhaber von hpc bohne Consulting, warf fragend eine Zahl in die Runde: Aus hotelspezifischen Studienfächern würden deutschsprachige Länder pro Jahr bis zu 4.000 Absolventen in den Markt entsenden - wo kommen diese nun unter? Hier antwortete die Hyatt-Repräsentantin ausweichend, appellierte stattdessen erneut an die präzise Zukunftsplanung jedes einzelnen Studenten. Auch Wetterauer riet, die Jobauswahl von diesem Ziel abhängig zu machen. Melle warnte zugleich vor zu hohen Erwartungen bei Auslandsjobs: So würden beispielsweise auch die Chinesen gute Positionen zunehmend mit eigenen Landsleuten besetzen wollen, so dass Europäer oft erst später mit mehr Erfahrung bessere Chancen hätten.

Weshalb aber haben es Jung-Akademiker so schwer, an gute Positionen in der Branche zu kommen? Die Diskussionsteilnehmer sahen ein Handicap in dem mangelnden Verständnis vieler Direktoren, die akademische Abschlüsse von Bewerbern gar nicht einschätzen können, weil sie selbst keine entsprechende Ausbildung haben. "Da gibt es noch viel Arbeit", mahnte Manuel Konen mit Blick auf den Nachholbedarf im Wissen verantwortlicher Manager heute.

Hartwig Bohne.

Ein anderes Handicap hob Katrin Melle hervor: Angesichts der mehrfach geforderten praktischen Erfahrung des Nachwuchses sei es wichtig zu sehen, dass es auf die "Art der Praxis" ankomme. "Viele sind 'nur' aus der Hotellerie!" sagte sie. Andererseits erfordere jede Tätigkeit in der Hotellerie spezielle Fähigkeiten und häufig mehr Kompetenz als angenommen. So müsse auch ein Executive Housekeeper heute betriebswirtschaftliche Kenntnisse haben und beispielsweise eine gutes Gefühl für den Umgang mit Mitarbeitern besitzen.

Jobs in Ketten stellte Katrin Melle übrigens denen in gepflegten Privathotels gleich und forderte die mittelständischen Arbeitgeber auf, genau wie die Ketten auch direkt an den Hochschulen für ihre Häuser um Nachwuchs zu werben.

Abwandern nach dem Hotel-Studium okay?

Katrin Melle.

Keine einheitliche Einschätzung gab es bei der Frage, wie viele Hotel-Studenten nach Studienabschluss die Branche verlassen. Eurochrie-Präsident Robert Wetterauer meinte, eine hoher Prozentsatz bleibe in der Branche, würde allerdings von anderen dienstleistungsintensiven Branchen wie Banken oder Versicherungen mit teils höheren Gehältern und besseren Konditionen weggelockt werden. Katrin Melle empfand es grundsätzlich nicht als Makel für die Hotellerie, wenn Studenten nach dem job-spezifischen Studium bewusst in andere Branchen abwandern. "Wir müssen nur aufpassen, dass die Situation nicht kippt!", mahnte sie.

Doch genau das scheint die Kernfrage zu sein, wie sich im abschliessenden Frage-Antwort-Spiel zwischen Publikum und Panel zeigte. Die Studenten im Saal machten keinen Hehl aus ihrer Unzufriedenheit über die schlechte Bezahlung in der Branche. Ein Lausanne-Absolvent verpackte die Frage freundlich-fordernd - wann und wie denn die Branche denn gedenke, die "Investitionen" der Studenten in einen "return" umzuwandeln. Aus Arbeitgeber-Sicht hielt Katrin Melle die niedrigen Einstiegsgehälter für gerechtfertigt, dafür sei die Aufstiegsgeschwindigkeit in der Hotellerie im Vergleich zu anderen Branchen bemerkenswert. Vorwürfen einer Hamburger Hotelfachschul-Absolventin, die Branche könne sich nicht verkaufen, hielt sie die Gründung des ketten-übergreifenden HR-Gremiums "Hotel Human Resources Circle" entgegen, der durchaus mit einer Stimme für die Branche spreche. Die Schüler-Sprecherin der Hotelfachschule Berlin hatte sich klarere Aussagen von den Diskussionsteilnehmern auf der Bühne erwartet: Ihren Worten zufolge verlässt fast ihr ganzer Jahrgang die Hotellerie.

Neuer Studienführer Hotellerie

Bisher hatte der Hotelverband Deutschland den Studienführer in eigener Regie erstellt und herausgegeben, der dritte Buchband "Studienführer Hotellerie & Touristik – Management-Ausbildung 2012/2013" entstand jetzt aber in Zusammenarbeit mit dem Erich Schmidt Verlag Berlin und der Universität München in der Reihe "IHA-Edition Hotellerie". Der Führer gibt erstmals einen Überblick über die wichtigsten hotellerie- und tourismus-spezifischen Bachelor- und Master-Studiengänge sowie Hochschul-Standorte in Deutschland und Europa und nennt auch die Kosten fürs Studium.
Titel: "Studienführer Hotellerie & Touristik – Management-Ausbildung 2012/2013", Herausgeber: Prof. Dr. Axel Gruner unter Mitarbeit von Manuel Hübschmann, 168 Seiten, Preis 24,95 Euro, ISBN 978-3-503-13692-6. Weitere Infos zum Buch unter www.iha-shop.de.

Das Fazit: Die Schüler/Studenten sollten sich ihre Karriere frühzeitig ausrechnen, Studium mit Praxis verbinden, Auslandsaufenthalte/Praktika einplanen und nicht allzu stürmisch schon in jungen Jahren mit wenig Erfahrung in Top-Positionen vorpreschen wollen. Demgegenüber sollten sich die immer noch und nur praxis-lastigen Arbeitgeber mehr mit der Wissensbasis der neuen Generation befassen und gleichzeitig eigene, verkrustete Strukturen und Hierarchie-Denken überdenken.

Ein mittelständischer Berater verwies auf diverse Xing-Beiträge: Dort schildern Studenten ihre Horror-Erlebnisse mit Hotels. Ob Sätze der Panelisten wie "Nicht Geld macht glücklich, sondern die Aufgabe!" die karriere-hungrigen Studenten besänftigen konnten? Es sah nicht danach aus. / Maria Pütz-Willems

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